Seit leistungsstarke Geräte günstig zu haben sind, werden Drohnen für viele Bereiche der Fotografie immer interessanter. Auch Hochzeitsfotograf:innen können von der Technik profitieren.
Es ist erstaunlich, wie sehr uns Menschen dieser Blick aus der Vogelperspektive fasziniert. Ich bin jedes Mal aufs Neue überrascht, was die Natur von oben so zu bieten hat“, sagt Hochzeitsfotograf Sven Hebbinghaus. Der Kölner setzt bereits seit einigen Jahren Drohnen auf Hochzeiten ein – und dank kreativer Ideen und guter Umsetzung kam auch schon der eine oder andere Award dabei rum. Eigentlich ist das wenig verwunderlich, es ist schließlich der Urtraum des Menschen, fliegen zu können, die Welt von oben zu sehen, ein Gefühl, das zu einer Hochzeit ideal passt. In unserer technik- und trendgetriebenen Zeit müsste doch auf jeder Hochzeit ein kleiner Multicopter auf der Umlaufbahn des Brautpaares kreisen.
Das ist aber offenbar nicht der Fall, wie wir schon bei unserer Recherche herausfinden mussten. Falls Drohnen für die Mehrheit der Hochzeitsfotografen schon zum Alltag gehören, verstecken sie es ziemlich gut. Ein Umstand, der auch dem Hochzeitsfotografen Frank Metzemacher aufgefallen ist: „Drohnen werden, gerade in der Videoszene, sehr kreativ eingesetzt. In der Fotoszene sehe ich dagegen nur sehr wenige Kollegen, die Drohnen nutzen.“ Dabei betont Metzemacher: „Es gibt definitiv eine Nachfrage nach Drohnenbildern. Wenn Paare meine Webseite gesehen und die Reportagen studiert haben, fragen viele nach der Drohne.“ Insbesondere die Herren hätten ein besonders hohes Interesse an den modernen Geräten. Bei Sven Hebbinghaus werden die Bilder zwar seltener explizit angefragt, aber: „Ich empfinde es als das „i-Tüpfelchen“, da es ein schönes Highlight des Gesamtpaketes ist. Ich glaube viele Brautpaare mögen es, dass zumindest die Möglichkeit besteht, noch ein paar besondere Fotos zu erhalten, die sie normalerweise nicht erwartet hätten.“ Drohnen und Luftbilder funktionieren also als Akquisemittel und schaffen Vorsprung gegenüber eventuellem Wettbewerb, der wahrscheinlich keine Drohne einsetzt.
Genehmigungen einholen
FRANK METZEMACHER
war bis 2012 Konzertfotograf und fotografierte seine erste Hochzeit eher „versehentlich“. Die damals entstandene Faszination hält bis heute. Seit 2016 begleitet ihn auch eine Drohne auf den Hochzeiten.
Aber wenn das alles so einfach ist, warum vertrauen dann nicht viel mehr Hochzeitsfotograf:innen auf die Hilfe von Multicoptern? Möglicherweise liegt es an der als undurchsichtig empfundenen Rechtslage, die wir in diesem Artikel etwas aufdröseln. Oder an Vorurteilen der Technik gegenüber, wie auch Frank Metzemacher schon erfahren musste: „Menschen springen auch sehr stark auf die Medien an: Es gab mal einen schlechten Artikel in einer großen deutschen Zeitung, danach haben mich meine Nachbarn plötzlich ausgeschimpft.“ Freundliche Aufklärung sei aber meist schon der Weg zur Besserung. „Meistens sind die Leute der Drohne wohlgesonnen und sehr interessiert, wenn sie sehen, dass ich damit fliege.“
Auch Sven Hebbinghaus löst das Problem eher defensiv: „Es ist immer ratsam, Genehmigungen einzuholen und mit dem Betreiber der Location zu sprechen. Rücksichtnahme ist da ganz wichtig, auch wenn ich etwa erkenne, dass sich Gäste einer Hochzeit unwohl fühlen, wenn vor ihnen eine Drohne für ein Gruppenbild schwebt.“ Das bedeute im schlimmsten Fall, vom Fliegen mit der Drohne abzusehen. Die Locations seien Multicoptern gegenüber aber in aller Regel aufgeschlossen.
Hilfreiche Timelapse-Funktion
Das Handling einer Drohne auf der ohnehin schon stressigen Hochzeit erfordert dagegen weniger Planung als vielleicht befürchtet. „Ich setze sie nur bei Gruppenbildern oder für das Paarshooting ein, dann ist auch die notwendige Zeit da“, sagt Metzemacher. Sven Hebbinghaus nutzt derweil die volle Palette an Finessen, die moderne Drohnen bieten: „Ich habe die Mavic kurz vor der Zeremonie in die Luft geschickt und einfach die Timelapse-Funktion aktiviert. Heißt, ich habe die Drohne so programmiert, dass sie zum Beispiel alle 5 Sekunden eine Aufnahme macht. Da sie einfach am Himmel stehenbleibt, wenn man die Fernbedienung weglegt, konnte ich so am Boden unten ganz normal meine Fotos machen, während die Drohne am Ende die Luftbildaufnahmen vom Einzug der Braut vollkommen selbstständig gemacht hat.“
Spannende Perspektiven entdecken
SVEN HEBBINGHAUS
Sven ist Fotograf und Geschichtenerzähler aus der Region Köln. „Ich möchte den wichtigsten Tag des Lebens meiner Paare mit Bildern schmücken und für die Ewigkeit die emotionalsten Augenblicke festhalten.“
Einer der wichtigsten Punkte ist aber sicher das Spektrum neuer Möglichkeiten und Motive, die mit einer Drohne einhergehen – und dazu zählt ausdrücklich nicht das Fotografieren in geschlossenen Räumen und während Zeremonien. Drohnen verursachen einigen Lärm und auch Wind, der viel zu störend wäre. Daher finden Multicopter insbesondere in der Paarfotografie sehr spannende Anwendungen: „Der Motivtrend in der Hochzeitsfotografie mit Drohnen geht ein bisschen in Richtung dieser Strukturbilder, wie etwa einem Paar, das in einem Kornfeld oder einem kleinen Boot liegt“, beschreibt Hebbinghaus. Der Blickwinkel ist in diesen Fällen häufig 90 Grad, also direkt von oben, auf das Motiv gerichtet. „Ich mag diesen Blickwinkel auch, da er im Kopf des Betrachters einfach fantastische Bilder hervorruft.“
Gute Bildideen zu finden sei eigentlich nicht schwer: „Ich mag eigentlich jegliche Art von Motiven. Ich schaue jedoch immer, dass ich die Begebenheiten der Natur, wie Linienstrukturen, Farbverläufe oder Kontraste mit dem Brautpaar in den Luftaufnahmen in Einklang bringe.“ So könne der „langweiligste“ Acker zu einem perfekten Motiv in Kombination mit einem Brautpaar werden, wenn sich zum Beispiel durch Kohlpflanzen, Mais oder Korn wunderschöne Strukturverläufe und Farbspiele ergeben.
Clevere Modi nutzen
Eines der bekanntesten Anwendungsgebiete ist natürlich das Gruppenbild, das mit einer Drohne wesentlich dramatischer in Szene gesetzt werden kann. Etwas abseits davon lassen sich die Geräte aber auch perfekt einsetzen, um die Hochzeitsreportage um Bilder der Location zu erweitern – gerade bei Sommerhochzeiten eine gute Möglichkeit, um spätere Betrachter:innen in die Szene einzuführen. Das gilt in besonderem Maße für Film: Ein wirklich gutes Hochzeitsvideo sollte sich den Schwenk über die Szene nicht entgehen lassen. Das zahlt übrigens auch in erheblichem Maße auf dein eigenes Konto ein – solche Szenen machen das Video direkt viel professioneller und sind damit auch Werbung für dich. Waren beeindruckende Kamerafahrten in der Vergangenheit noch sehr präzise Handarbeit, bieten moderne Drohnen auch viele clevere Modi, die solche Sequenzen fast schon kinderleicht machen. Wenn du ein besonders junges Brautpaar betreust, stehen die Chancen zudem gut, dass deine Bilder in sozialen Netzwerken gepostet werden – hier machen Drohnenbilder immer einen guten Eindruck. Einige Effekte, die Multicopter wie beispielsweise die Mavic Air-Drohnen bieten, eignen sich zwar weniger für hochwertige Filme, sind aber für eine Instagram-Story des Brautpaares ideal. Gerade in Zeiten der zunehmenden Selbstdarstellung im Netz solltest du dieses Bedürfnis im Auge behalten.
Kompakte Drohnen für Auslandsreisen
„Eine Drohne ist eine erweiterte Kamera“, sagt Frank Metzemacher. Doch die Kameras der Drohnen unterscheiden sich teilweise ganz erheblich. Die Fotografen in diesem Text arbeiten mit DJI, Metzemacher nutzt die Mavic Pro, Hebbinghaus die Mavic Pro 2. „Die Drohne ist sehr leise, darüber hinaus ist sie auf ein kleines Format zusammenklappbar. Das ist sehr vorteilhaft für meine Arbeit, da ich als Hochzeitsfotograf auch viel im Ausland unterwegs bin und sich die Drohne somit leichter im Gepäck verstauen lässt“, sagt Hebbinghaus. Metzemacher ist von der Bildqualität der Systeme überzeugt, gibt aber auch zu: „Eine Vollformat-Kamera macht schon andere Bilder.“ Grundsätzlich müsse man bereits beim Fotografieren mehr darauf achten, dass Licht und Belichtung stimmen. „Meine Mavic verzeiht eine leichte Unterbelichtung, wenn die Bilder zu hell werden, kann man nicht mehr viel machen.“
Drei Kaufempfehlungen
DJI Mavic 3
- Preis: 1.900 Euro
- Gewicht: 895 g
- Spannweite: 35 cm
- Akkulaufzeit: 46 min
- Kamera: Hasselblad 4/3 CMOS, 20 MP
PLUS: Die zusammenfaltbare Mavic punktet mit sehr vielen cleveren Features und einer guten Kamera.
MINUS: Schwächen zu finden fällt in der Tat schwer: DJI hat zum Vorgänger den Preis nur deutlich angehoben.
Weitere Informationen:
www.dji.com/de/mavic-3
DJI Mini 3 Pro
- Preis: 1.000 Euro
- Gewicht: 249 g
- Spannweite: 25 cm
- Akkulaufzeit: 34 min
- Kamera: 1/1,3“ CMOS, 48 MP
PLUS: Die kleine Mini 3 Pro lässt sich klein zusammenfalten, wiegt nur 249 Gramm und bietet viele professionelle Funktionen.
MINUS: Kleinerer Sensor mit mehr Megapixel als bei der Mivic 3. Dadurch anfälliger für Bildrauschen bei schwachem Licht.
Weitere Informationen:
www.dji.com/de/mini-3-pro
Parrot Anafi
- Preis: 600 Euro
- Gewicht: 320 g
- Spannweite: 24 cm
- Akkulaufzeit: 25 min
- Kamera: 1/2,4“ CMOS, 21 MP
PLUS: Wer eine wirklich kompakte Drohne will, ist bei Parrot gut aufgehoben und kommt auch sehr günstig weg.
MINUS: Der geringen Größe fallen leider Features wie eine Hinderniserkennung zum Opfer. Da ist die neuere DJI Mini 3 Pro besser aufgestellt.
Weitere Informationen:
www.parrot.com/en/drones/anafi
Drohnen-Aufnahmen als Highlights anbieten
Bleibt die Frage, ob sich die Anschaffung einer Drohne lohnt: „Ich glaube, dass die Drohnenfotografie im Eventbereich immer mehr zunehmen wird, da die Geräte immer kleiner, handlicher, leiser und besser werden“, sagt Hebbinghaus. Er sei jedoch überzeugt, dass Luftbildaufnahmen im Bereich der Hochzeitsfotografie immer ein Randphänomen bleiben werden, da im Vordergrund immer die „normale“ Hochzeitsreportage stünde. Als Highlight „on top“ seien die Bilder aber immer wieder ein Hingucker. „Ich bin aber fest davon überzeugt, dass sich Luftbildaufnahmen im Videobereich fest etablieren werden. Die Qualität der Aufnahmen, die früher einen Hubschrauber brauchten, überzeugt einfach.“ Metzemacher pflichtet bei: „Ich werde Drohnenbilder noch stärker zeigen und veröffentlichen. Denn ich merke immer wieder, dass Leute, wenn sie die Bilder gesehen haben, danach fragen. Dann habe ich im Vorgespräch schon einen richtigen Bonus.“
DIE RECHTSLAGE: KLARE GRENZEN
Wenn es in den Luftraum geht, versteht der Gesetzgeber schnell keinen Spaß mehr, und das ja durchaus zu Recht. Die Drohnengesetze unterscheiden sich in Europa teilweise ziemlich deutlich und können noch weit strenger als in Deutschland sein. Hier gilt: Bei Drohnen, die weniger als 25 Kilogramm wiegen, innerhalb der Sichtweite bis maximal 120 Meter Höhe fliegen und keine gefährlichen Güter transportieren, müssen sich die Betreiber:innen selbst registrieren. Das gilt auch für Drohnen unter 250 Gramm, wenn sie mit einer Kamera ausgestattet sind. Für den Betrieb von Drohnen ab 250 Gramm (früher 2 Kilogramm) ist zudem ein EU-Kompetenznachweis erforderlich. Zudem empfiehlt es sich dringend, eine Drohne, wie auch ein Auto, mit einer Haftpflicht-Versicherung auszustatten, da Betriebshaftpflichtversicherungen diesen Fall meist ausschließen.
Weitere Informationen zu den EU-Regelungen für Drohnen findest du auf der Website des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr: