Eine Hochzeitsreportage hat viele Facetten. Angefangen beim „Getting Ready“ über die Trauung und die Porträts des Brautpaares bis hin zu den Feierlichkeiten gibt es für Fotograf:innen vieles zu entdecken. Mit unseren Brennweiten-Tipps bist du bestens vorbereitet.
Berufseinsteiger:innen stellen sich beim Kauf ihres Equipments häufig die Frage, welche Brennweiten für eine Hochzeitsreportage tatsächlich benötigt werden. Eine berechtigte Frage, da Objektivkäufe im professionellen Segment schnell kostspielig werden können. Spricht man mit erfahrenen Hochzeitsfotograf:innen, werden die Meinungen sicherlich auseinandergehen, da jeder Profi seine eigene Philosophie verfolgt und teilweise anders an Themen herangeht. Manch einer schwört zum Beispiel auf lichtstarke Standardzooms, andere verzichten ganz darauf, weil sie den Reportage-Aspekt ausschließlich mit einer 35-mm-Festbrennweite abbilden. Auf den folgenden Seiten gehen wir deshalb in erster Linie darauf ein, welche Brennweiten für welche Aufnahmebereiche geeignet sind. Diese Bereiche lassen sich dann sowohl mit einem Zoom als auch mit einer festen Brennweite erreichen. Wichtig ist es, die Flexibilität der Brennweiten zu erkennen. So eignet sich ein Weitwinkel zum Beispiel nicht nur für Aufnahmen der Location, sondern auch für unvergessliche Porträts.
Das Weitwinkel
Wenn von Weitwinkelobjektiven die Rede ist, werden viele Fotograf:innen zuerst an Landschafts- und Architekturmotive denken. Hier liegt zweifellos der Schwerpunkt. Dennoch eignen sich Weitwinkel auch hervorragend für die Hochzeitsfotografie. Zum Beispiel dann, wenn die Location stärker einbezogen werden soll. Das kann die eindrucksvolle Kulisse einer Kirche sein oder ein festlich geschmückter Raum für die abendliche Feier. Davon abgesehen gibt es viele Einsatzbereiche, die über den Architekturaspekt hinausgehen.
So sind Weitwinkelobjektive eine große Hilfe, wenn am Aufnahmeort wenig Platz vorhanden ist. Das gilt etwa für Aufnahmen im Auto des Brautpaars. Wer als Fotograf:in auf dem Beifahrersitz Platz genommen hat und nach hinten in Richtung Rücksitz fotografiert, wird sich auf jeden Fall einen großen Bildwinkel wünschen. Manchmal ist hier selbst ein 35-mm-Kleinbildobjektiv nicht mehr weitwinklig genug. Auch beim „Getting Ready“, also während der Vorbereitung am Morgen oder Vormittag, lohnt es sich manchmal, ein starkes Weitwinkel dabeizuhaben. Möchte man, wie auf unserem Beispielbild, das Brautkleid vorab in seiner vollen Pracht auf dem Bett inszenieren, während man nach hinten eingeschränkt ist, weil der Raum recht klein ist, dann ist das Weitwinkel das Mittel der Wahl. Auch für Porträts sind Weitwinkel durchaus geeignet. Sie ermöglichen beispielsweise Ganzkörperporträts, die zugleich auch die Location einbinden. Das verleiht den Porträtaufnahmen einen völlig anderen Look als die klassischen 85-mm-Porträts.
Auf die Verzeichnung achten
Gerade wenn wir von Porträts sprechen, spielt die Verzeichnung am Bildrand eine wichtige Rolle. Jedes Weitwinkel verzeichnet. Bei Ultraweitwinkeln, die bei 12, 14 oder 16 mm (KB) beginnen, ist die Verzeichnung meist stärker ausgeprägt als bei 24 und 35 mm (KB). Grundsätzlich lässt sich die Verzeichnung in der Nachbearbeitung gut korrigieren. Dennoch sollte man versuchen, das Brautpaar bei Porträts mittig zu positionieren, um Verzerrungen zu vermeiden. Festbrennweiten sind zudem meist besser darauf korrigiert als Weitwinkelzooms.
Die Reportage
Ein Objektiv mit einer Brennweite zwischen 35 und 50 Millimetern gehört für Hochzeitsfotograf:innen zum Pflichtprogramm. Ein großer Teil der Reportageaufnahmen wird sich genau in diesem Bereich abspielen.
Bei der Wahl des Objektivs gibt es verschiedene Möglichkeiten. Am einfachsten lässt sich die Brennweitenspanne über ein 24–70-mm-Standardzoom (KB) abbilden. Der Fotograf oder die Fotografin kann bequem zoomen und hat zusätzlich genügend Spielraum, wenn zwischendurch etwas mehr Weitwinkel oder Tele benötigt wird. Wer das 24–70 mm möglichst lange am Tag verwenden möchte, sollte schauen, dass zu einer durchgängig lichtstarken Version gegriffen wird, um auch bei weniger Licht noch flexibel aus der Hand agieren zu können. Alle großen Kamera- und Objektivhersteller bieten hierfür Standardzooms mit einer konstanten Blende f/2,8 an. Wer alternativ zum durchgängigen f/4er-Zoom greift, kann zwar etwas Geld sparen, wird aber in der Kirche und abends auf der Feier für Available-Light-Aufnahmen schneller auf eine hohe ISO-Empfindlichkeit setzen müssen, um die Belichtungszeiten kurz zu halten. Doch spätestens, wenn abends die Lichter stärker gedimmt werden, stoßen auch die f/2,8er-Zooms an ihre Grenzen. Da hilft dann manchmal auch der Bildstabilisator nicht mehr weiter. Aus diesem Grund setzen viele Fotografen, die auch abends mit dem vorhandenen Licht arbeiten möchten, anstelle des Zooms lieber auf eine lichtstarke 35- oder 50-mm-Festbrennweite mit einer maximalen Blendenöffnung von zum Beispiel f/1,4. Dann muss man mangels Zooms zwar mehr laufen, das Objektiv kann dafür aber bis in die späten Abendstunden auf der Kamera bleiben.
Für nahezu jeden Bereich geeignet
Die Brennweitenspanne von 35–50 mm ist sehr flexibel einsetzbar: am Vormittag, wenn das Brautpaar mit der Familie und Freunden für die letzten Vorbereitungen zusammenkommt, beim Einzug ins Standesamt oder in die Kirche, für Gruppenbilder, den Hochzeitstanz, das Anschneiden der Torte und für vieles mehr. Auch Einzel- und Paarporträts lassen sich bestens umsetzen. Bei sehr lichtstarken Festbrennweiten kann man dabei auch sehr schön mit der Hinter-grundunschärfe spielen.
Ein leichtes Tele
Brennweiten von 85–135 mm zählen im Kleinbildformat zum klassischen Porträtbereich. Im Vergleich zu den 35–50-mm-Reportage-Objektiven bildet das leichte Tele einen engeren Bildwinkel, also einen kleineren Bildausschnitt ab und lenkt den Blick des Betrachters damit gezielter auf das anvisierte Motiv. Die Umgebung wird dabei mehr und mehr ausgeblendet. Dieser Effekt tritt sogar noch stärker in Erscheinung, wenn mit einer großen Blendenöffnung f/1,8 oder f/1,4 gearbeitet wird. Die Schärfeebene „schrumpft“ auf einen kurzen Bereich zusammen und taucht den Vorder- und Hintergrund in eine, vor allem bei Porträts, oft als sehr angenehm empfundene Unschärfe.
Um möglichst flexibel zu bleiben, lässt sich der Brennweitenbereich durchaus mit einem 70–200-mm-Vollformat-Telezoom abbilden. Hier ist aber bei einer maximalen Blendenöffnung f/2,8 Schluss. Wer tatsächlich auf die größeren Blendenöffnungen Wert legt, greift besser zur Festbrennweite. Häufig wirkt auch das Bokeh, also die Charakteristik der Unschärfe mit ihren Unschärfekreisen, bei Festbrennweiten etwas schöner und weicher als bei Telezooms. Das ist aber selbstverständlich Geschmackssache.
Vom Klassiker bis zum Gruppenbild
Welche Motive lassen sich mit einem leichten Tele am besten einfangen? Neben klassischen Halbkörper-Porträts und Headshots, also Nahaufnahmen vom Gesicht bis zu den Schultern, eignet sich ein 85–135 mm auch für kreative Porträt-Varianten wie dem Detail im großen Beispielbild (links). Vom Bildausschnitt handelt es sich eigentlich um eine typische Porträtaufnahme. Durch den Fokus auf den Ring, mithilfe der weit offenen Blende, bekommt das Bild aber eine etwas andere, kreative Richtung. Auch beim „Getting Ready“ am Vormittag ist man mit 85–135 mm bestens aufgestellt. Durch die längere Brennweite können Fotograf:innen etwas weiter entfernt stehen und dennoch Porträts vom Styling aufnehmen, ohne Braut und Stylist:in zu nahe zu treten. Selbst Gruppenfotos mit rund sieben bis acht Personen sind mit einem leichten Tele durchaus zu empfehlen. Durch die längere Brennweite wird der Abstand zwischen der Gruppe und dem Hintergrund leicht verdichtet.
Das große Tele
Das 70–200-mm-Telezoom mit konstanter Blende f/2,8 gehört zu den Klassikern in der Hochzeitsfotografie. Es bietet den besten Kompromiss aus einer flexiblen Zoomspanne und einer hohen Lichtstärke. Im Vergleich zu anderen Objektivkategorien fehlt es im Telebereich aber ohnehin an gleichwertigen Alternativen. Die ein oder andere lichtstarke 135-mm-Festbrennweite ist näher am „leichten Tele“ und damit kein Ersatz für ein 200 mm (KB). Auf der anderen Seite gibt es durchaus lichtstarke Festbrennweiten mit 200 und 300 mm – die sind allerdings gleich so teuer, dass sie für Hochzeitsfotograf:innen kaum Sinn machen. Bleibt also das 70–200 mm f/2,8. Das mag wie eine Notlösung klingen, ist es aber nicht. Dank eingebauter Bildstabilisierung und einer oft hohen optischen Leistung ist dieses Telezoom absolut zu empfehlen.
Unaufdringlich im Hintergrund
Das 70–200 mm ist sehr vielseitig. Zu den wichtigsten Einsatzgebieten zählen das Standesamt und die Kirche. Abgesehen davon, dass man den Pfarrer und die Standesbeamten nicht verärgern möchte, sollte man als Fotograf:in auch für das Hochzeitspaar und die anwesenden Gäste während der Trauung einen respektvollen Abstand wahren und möglichst nicht hin- und herlaufen. Das Telezoom ermöglicht bei rund 200 mm problemlos Porträts des Brautpaares während der Zeremonie sowie Nahaufnahmen vom Anstecken der Ringe. Da es mit seiner Zoomspanne auch den Brennweitenbereich des „leichten Teles“ abdeckt, eignet sich das 70–200 mm darüber hinaus als ideales Porträtobjektiv für die offiziellen Paarbilder.
Wer sich kein zusätzliches 85, 105 oder 135 mm zulegen möchte, wird auch mit dem Telezoom zu schönen Ergebnissen kommen. Wie das kleine obere Beispielbild links zeigt, kommt noch der Aspekt hinzu, dass räumliche Abstände mit einem langen Tele stark verdichtet wirken. Dieser Effekt lässt sich durchaus kreativ nutzen. Auch der oben im großen Bild gezeigte Anwendungsbereich ist nicht zu unterschätzen. Mit einer langen Brennweite wirken solche Szenen während der Feier viel natürlicher, als wenn man mit einer kurzen Brennweite nahe an das Paar und die Gäste herangehen müsste und so die Gespräche stört.
Ein Makro für Details
Eine Hochzeitsreportage besteht nicht nur aus Porträts, Gruppenbildern und Momentaufnahmen der feiernden Gäste. Es ist auch das Gespür für Details, das gute Hochzeitsfotograf:innen ausmacht. Für viele Paare ist das Fotoerlebnis erst perfekt, wenn auch die Ringe gebührend zur Geltung kommen. Mit einem normalen Reportage- oder Tele-Objektiv sind solche Nahaufnahmen nur bedingt möglich. Der Aufnahmeabstand, der für eine Fokussierung eingehalten werden muss, ist meist zu groß, um wirklich nah heranzukommen. Wesentlich einfacher gelingen solche Details mit einem speziellen Makro-Objektiv. Der Fotograf oder die Fotografin kann damit wesentlich näher an Motive herangehen und Objekte sogar im Originalmaßstab 1:1 abbilden. Das ist sehr hilfreich, wenn zum Beispiel die feine Gravur auf der Innenseite der Ringe abgelichtet werden soll.
Auch andere Details können für das Brautpaar von Bedeutung sein. Die Tischdekoration, die Blumengestecke, die Gastgeschenke – all diese Dinge werden vom Paar nicht nur sorgsam und liebevoll ausgewählt. Häufig sind an dieser Stelle auch die Familie, die Trauzeugen und Freunde eingebunden, die das Paar bei der Gestaltung und der Umsetzung tatkräftig unterstützen. Es ist daher eine schöne Erinnerung, wenn solche Details auf Bildern festgehalten werden.
Obwohl Makro-Objektive auf den Nahbereich spezialisiert sind, lassen sie sich auch in anderen Situationen flexibel einsetzen. So eignen sich Makro-Objektive im leichten Telebereich um die 90 und 100 mm auch sehr gut für Porträtaufnahmen. Die Blende kann bei professionellen Makros meist bis auf f/2,8 geöffnet werden. Das ermöglicht einen kleinen Schärfebereich und damit schöne Personen-Freisteller vor einem unscharfen Hintergrund.
Die günstigere Variante
Wer nur selten Details aufnimmt und dafür nicht in ein spezielles Makro investieren möchte, kann seine normalen Objektive auch über aufschraubbare Makrolinsen und Zwischenringe makrotauglich machen. Dabei wird der eigentliche Mindestabstand der Objektive verkürzt, und man kommt näher an das Objekt heran. Sobald jedoch ein zusätzliches optisches Element ins Spiel kommt, kann sich das auf die Bildqualität auswirken.