Verschiedene Kulturen, verschiedene Traditionen: Profifotograf:innen teilen ihre Tipps und Erfahrungen von Shootings mit Paaren verschiedener Religionen oder aus unterschiedlichen Kulturkreisen. So gelingen die besten Bilder von multikulturellen Hochzeiten.
Kaum jemand kann sich der Magie einer Hochzeit entziehen: Es gibt nichts Schöneres, als die Liebe und den Bund zwischen zwei Menschen im Kreise ihrer engsten Familie und Freunde zu erleben. In heutiger Zeit kommen immer mehr Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund, aus verschiedenen Kulturen und Religionen zusammen und gehen Beziehungen ein. Wenn sie heiraten, feiern sie ihre Liebe auf allumfassende Art und Weise: Das Hochzeitsfest bildet dann eine Mischung aus ihren Überzeugungen und kulturellen Identitäten.
Multikulturelle und multireligiöse Hochzeiten kommen heute weitaus häufiger vor als früher. Zwar gelten hierbei viele der Grundsätze der „traditionellen“ Hochzeitsfotografie, doch manches muss zusätzlich beachtet werden. So stellen Fotograf:innen sicher, dass der besondere Tag des Paares richtig festgehalten wird.
Organisation ist alles
Die Schottin Audrey Russell fotografiert nicht nur Neugeborene, Babys und Familien, sondern betreibt seit 15 Jahren auch das Hochzeits-Business „Tandem Photo“, in das ihr Partner vor acht Jahren eingestiegen ist. Audrey liebt die Herausforderung, eine multikulturelle oder multireligiöse Hochzeit zu fotografieren, und hat viel Erfahrung auf diesem Gebiet. Durch ihre jahrelange Tätigkeit in diesem Bereich hat sie gelernt, im Vorfeld der Hochzeit viele Fragen an das Brautpaar zu stellen und Informationen von der Familie und den Freunden des Brautpaares einzuholen. So ist sie bestens vorbereitet.
„Man muss einfach so gut wie möglich organisiert sein“, sagt die Fotografin. Im Laufe ihrer Karriere hat sie verschiedene multikulturelle Hochzeiten fotografiert, etwa von einem pakistanisch-schottischen und von einem chinesisch-schottischen Paar. Bei einer schottisch-englischen Hochzeit stammten die Eltern der Braut aus der Karibik, weshalb ihre Familie traditionelle Kleidung trug. „Es ist der absolute Traum eines jeden Fotografen“, sagt Audrey. „Es zwingt einen zwar aus seiner Komfortzone, aber das ist nicht unbedingt schlecht, wenn man die Herausforderung liebt.“
Gab es eine multikulturelle Hochzeit in ihrer Karriere, die besonders hervorsticht? „Die Hochzeit von Anna und Nick Lao-Kaim, die ihre englische, schottische, chinesische, thailändische und polnische Abstammung durch eine Reihe verschiedener Rituale und Traditionen zum Ausdruck brachten“, erzählt sie. Dazu gehörten schottische Dudelsäcke, polnische Wodka-Shots und eine traditionelle chinesische Teezeremonie, mit der Eltern und Ältere geehrt und ihnen Dankbarkeit entgegengebracht wird.
Manchmal braucht es zwei
Da es bei einer multikulturellen Hochzeit so viel zu fotografieren gibt, arbeitet Audrey oft mit einem anderen Fotografen zusammen, um sicherzustellen, dass nichts übersehen wird. Bei der Hochzeit von Anna und Nick war Audrey jedoch allein: „Sie wollten nur einen Fotografen am Tag selbst, also musste ich wirklich schnell sein!“ Zum Glück war das Brautpaar sehr gut organisiert, was den ganzen Tag logistisch einfacher machte.
„Ich empfehle jedem Paar, den Tag entspannt anzugehen, ihn gut zu planen und einen Zeitplan aufzustellen. Auf diese Weise weiß jeder, was passiert, und man kann sich darauf vorbereiten“, rät die Fotografin. Bei der schottisch-iranischen Hochzeit von Sarah und Ash arbeitete Audrey mit einem zweiten Fotografen zusammen. Sie feierten ihren Tag mit einer freien Trauung und verschiedenen Ritualen wie einem traditionellen persischen Messertanz.
„Wenn es eine große Hochzeit ist oder viel los ist, sollten Sie einen zweiten Fotografen in Betracht ziehen“, so Audrey. „Bei der Hochzeit von Sarah und Ash machte ich gerade Detailaufnahmen, als das Paar plötzlich ein traditionelles Baldachin-Ritual begann.“ Bei diesem symbolischen Akt wird ein Stück Stoff von vier weiblichen Mitgliedern über das Paar gehalten, um ihre Verbundenheit zu zeigen (siehe Titelbild). „Zum Glück konnte mein zweiter Fotograf alles festhalten, da ich nicht in der Nähe war.“
Ein Mix der Kulturen
Raja Shah ist ein Fotograf aus dem Norden Londons. Bereits sein Vater war als Hochzeitsfotograf tätig. Raja hat daher viel Erfahrung mit allen Arten von Hochzeitszeremonien, vor allem mit solchen, bei denen verschiedene Kulturen und Religionen aufeinandertreffen. Er fotografiert bereits seit vielen Jahren Hochzeiten – sowohl analog als auch digital – und hat einen einzigartigen Stil entwickelt. Ähnlich wie Audrey hat auch Raja in den vergangenen Jahren zunehmend multikulturelle und multireligiöse Hochzeiten fotografiert.
„Vor zehn Jahren gab es kaum multireligiöse Hochzeiten, aber in den letzten fünf bis sechs Jahren ist die Zahl deutlich gestiegen.“ Gibt es mehr zu beachten, wenn man eine multireligiöse Hochzeit fotografiert? „Ja und nein. Das Grundformat ist in der Regel das gleiche, denn Zeremonie ist Zeremonie. Die besten Momente sind die, die sich im Publikum ergeben. Wenn zum Beispiel Gäste aus anderen Kulturkreisen anwesend, sind sie normalerweise überaus interessiert an dem, was passiert, weil es anders und aufregend ist – da bekommt man tolle Fotomomente“, antwortet Raja.
Raja liebt die einzigartigen Momente, wenn zwei Kulturen und Religionen aufeinandertreffen. Allerdings kann dies auch ein sensibles Thema sein, mit dem man sich als Fotograf auseinandersetzen muss. Raja erzählt von einer Braut, deren Familie sich weigerte, zu ihrer Hochzeit zu kommen: „Das war so traurig“, sagt er. „Sie waren so ein schönes Paar. Es ist wichtig, den Hintergrund seiner Kunden zu verstehen und zu recherchieren, damit man vorbereitet ist.“ Zum Glück kommt bei Raja so etwas nur selten vor, die meisten seiner multireligiösen Hochzeiten verlaufen problemlos.
Passgenaue Werbung für multikulturelle Hochzeiten
Bei Emily Hannah Photography dreht sich seit 2012 alles um professionelle Hochzeitsfotografie. Aufgrund ihrer umfangreichen Erfahrung hat sie die Herausforderung angenommen, Brautpaare mit unterschiedlichem religiösem oder kulturellem Hintergrund zu fotografieren. Zum Beispiel bei der christlichjüdischen Hochzeit von Amelia und Josh, bei der sowohl ein Standesbeamter als auch ein Rabbiner dabei waren.
„Es war eine großartige Hochzeit, bei der alles nahtlos ineinander überging. Sie hatten Kippot dabei, die die Männer tragen konnten, wenn sie wollten. Es gab eine traditionelle westliche Zeremonie mit einem Standesbeamten, anschließend kam ein Rabbi, der den nächsten Teil der Trauung und einige Gebete sprach. Es macht mir einfach Spaß, verschiedene Kulturen zu fotografieren, weil jede so anders ist und man nichts verpassen möchte. Die Kunden wollen dieses Erlebnis auch mit einem teilen.“
Damit sie weiterhin für multikulturelle Hochzeiten gebucht wird, teilt Emily regelmäßig Bilder und Informationen darüber. „Wenn Sie multikulturelle und multireligiöse Hochzeiten fotografieren wollen, müssen Sie dies auf Ihrer Website und in den sozialen Medien zum Ausdruck bringen“, sagt sie. „Es gibt viele Hochzeitswebsites von Fotografinnen und Fotografen, die nur die traditionelle Braut im weißen Hochzeitskleid zeigen. Paare, die eine multikulturelle Hochzeit planen, werden nicht nach solchen Bildern suchen.“
Essenziell: die Planung
Alle drei Fotograf:innen betonen, dass der Schlüssel zu einer erfolgreichen multikulturellen Hochzeit in der umfassenden Planung liegt. Bei jeder Hochzeit setzen sie sich mit ihren Kunden zusammen, um den Ablauf gründlich durchzugehen. Nachdem dem ersten Beratungsgespräch stellt Emily weitere Nachforschungen an, damit sie genau weiß, wie der Tag abläuft. „Ich möchte einfach nichts verpassen, weil es so viele verschiedene Abschnitte gibt“, sagt sie.
„Man muss respektvoll sein und sich anpassen, damit sich die Leute in deiner Nähe wohlfühlen. Informiert euch vorab über die Traditionen, damit ihr vorbereitet seid. Wenn viel getanzt wird, kann man die Emotionen nicht von außen einfangen, man muss sich einfach hineinbegeben und sich nicht genieren, denn die Leute wollen, dass man mit ihnen feiert“, sagt Emily.
Darüber hinaus sei es wichtig, die Menschen und die Situation zu verstehen: „Denken Sie daran, dass jeder Mensch anders ist. Manche Personen sind eher zurückhaltend, andere wiederum sind sehr offen. Es kommt einfach auf den Tag an. Ich sage immer: Seid nicht schüchtern und geht da rein. Die Leute wissen, dass man genau dafür da ist, die Hochzeit zu fotografieren.“
EXPERTIN IM GESPRÄCH
Die Fotografin Abigail hat sich auf Familienporträts und Hochzeiten spezialisiert. Ihr Fotostudio „Abigail’s Studio“ befindet sich in den Chiltern Hills. Hier verrät sie ihre Tipps für Hochzeitsshootings mit multikulturellen Paaren.
Abigail, kannst du uns von deiner Arbeit erzählen?
Ich habe es schon immer geliebt, schöne Momente einzufangen, von der Assistenz bei einem Fotoshooting von Prinzessin Diana zu Beginn meiner Karriere bis hin zum Fotografieren für verschiedene Unternehmen und Zeitschriften auf der ganzen Welt. 2015 gründete ich „Abigail’s Studio“, um mich auf Hochzeiten und Porträts zu konzentrieren. Ich setze meine Kreativität ein, um die wichtigsten Ereignisse unseres Lebens festzuhalten.
Welche Ausrüstung nutzt du?
Ich habe eine Nikon D4s, meine bevorzugten Objektive sind das AF Nikkor 80–200 mm f/2,8, das AF-S Nikkor 17–35 mm f/2,8, das AF Nikkor 35–70 mm f/3,3–4,5 und das AF Nikkor 60 mm f/2,8.
Wie viele multikulturelle Hochzeiten hast du schon fotografiert?
Alle Hochzeiten vereinen bis zu einem gewissen Grad verschiedene Kulturen, jede Familie hat ihre eigenen Traditionen. Hochzeiten, die verschiedene Religionen wie Hindu und Sikh, Christen, Mormonen und Buddhisten umfassen, stechen dabei heraus. Ich weiß nicht genau, wie viele ich fotografiert habe, aber es waren doch einige!
Was gilt es bei multikulturellen Hochzeiten zu beachten?
Es ist wichtig, seinen Kunden zuzuhören. Ich betone immer, dass ich nicht auf ihre Kultur spezialisiert bin, aber oft sucht das Brautpaar ohnehin nach einer neuen Sichtweise auf ihre Traditionen. Zudem sollte man vor der Angebotsabgabe klären, was fotografiert werden soll, da sich manche Veranstaltungen über mehrere Tage erstrecken können.
Wie bereitest du das Shooting vor?
Die Vorplanung mit dem Paar und den Familien ist sehr wichtig. Zum Beispiel ist es in einigen Kulturen Tradition, einen Fotografen für die Braut und einen separaten für den Bräutigam zu haben.
Welche Bilder werden gewünscht?
Ich habe schon die unterschiedlichsten Hochzeitsereignisse fotografiert, etwa eine chinesische Teezeremonie und eine Mehndi (Henna)-Party, aber auch freundschaftliche Wettkämpfe, bei denen sich Männer gegenseitig hochheben. Das macht sehr viel Spaß!
Drei Tipps von der Expertin:
- Recherche: Informiere dich über die Details der Zeremonie, bei denen du unsicher bist. Achte auf kulturelle Empfindlichkeiten und umgehe diese gegebenenfalls.
- Bequeme Kleidung: Trage bequeme und leise Schuhe – du wirst viel auf den Beinen sein.
- Eigener Stil: Wenn ein Brautpaar dich engagiert hat, gefällt ihm dein Stil; es geht ihnen weniger um einen traditionellen oder kulturellen Look für ihre Bilder.