Schon in Alfred Hitchcocks erstem Tonfilm gab es ein paar sehr kreative Toneffekte – wer es mit dem Filmen ernst meint, geht auch sorgfältig mit dem Ton um. Rainer Claaßen gibt Ihnen hier Tipps für professionelle Audio-Lösungen für Videoaufnahmen.
Mit den eingebauten Mikrofonen von Kameras ist es ähnlich wie mit der automatischen Belichtung: Damit lassen sich erstaunlich gute Resultate erzielen. In anspruchsvollen Situationen bringen beide aber keine befriedigenden Resultate. Während man beim Belichten über manuelle Einstellungen und mit Know-how viele Situationen auch ohne zusätzliche Ausrüstung bewältigen kann, braucht man für bessere Tonaufnahmen passendes Zubehör. Hier bekommst du wertvolle Tipps, wie du den Ton in jeder Situation in den Griff bekommst.
Audio-Lösungen für Videoaufnahmen: Ein Überblick
So steuerst du den Ton aus
Wie beim Bild die Belichtung korrekt eingestellt werden muss, sollte auch bei der Tonaufzeichnung die Lautstärke stimmen. In der Standardeinstellung stellt die Kameraelektronik die Aufnahmelautstärke automatisch ein. Dann wird die Lautstärke ständig nachgeregelt – laute Geräusche werden abgeschwächt und leise verstärkt. Das wirkt unnatürlich und lässt sich später kaum korrigieren. Aktiviere deshalb im Einstellmenü die „manuelle Aussteuerung“. Nutze die Aussteuerungsanzeige und einen Kopfhörer, um den Pegel korrekt einzustellen. Selbst laute Geräusche sollten nur bis knapp über die Markierung „-12 dB“ ausschlagen. Sonst können laute Tonimpulse das System zum Anschlag bringen – übersteuerte Aufnahmen lassen sich selbst von Profis kaum retten.
Mikrofonanschluss im Griff
Nicht an jede Kamera lässt sich ein externes Mikrofon anschließen – die meisten hochwertigen Modelle haben dafür allerdings eine Klinkenbuchse. Wird dort ein Mikrofon angesteckt, zeichnet die Kamera statt des Tons der integrierten Mikrofone automatisch den des externen Mikros auf.
Bei Mikrofonen gibt es unterschiedliche technische Umsetzungen. Während dynamische Mikrofone aus den Schallwellen eine Spannung erzeugen, brauchen Kondensatormikrofone eine externe Stromversorgung. Während Studiomikrofone 48 Volt benötigen, reicht für die meisten Videomikros eine deutlich geringere Spannung. Die wird als „Plug-in Power“ bezeichnet. Nicht alle Kameras stellen sie zur Verfügung. Bevor du also ein entsprechendes Mikrofon anschaffst, überprüfe, ob deine Kamera für die nötige Spannung sorgt. Alternativ gibt es auch Mikrofone mit eingebautem Akku oder Batteriefach – die kommen ohne Strom von der Kamera aus.
Professionelle Mikrofone haben meist einen XLR-Anschluss. Über entsprechende Adapter lassen diese sich auch mit Kameras verbinden – vorausgesetzt, sie brauchen nicht die zuvor beschriebene 48-Volt-Phantomspannung.
Kopfhörer
Grundsätzlich ist die Kontrolle auch mit einfachen Ohrhörern möglich. Nuancen nimmt man über die aber nicht wahr. Nicht nur in lauter Umgebung empfiehlt sich deshalb ein geschlossener Kopfhörer mit großen Membranen.
Tonangel für Dialoge
Geht es darum, Dialoge möglichst originalgetreu aufzunehmen, ist der Einsatz einer Tonangel die beste Lösung: Ein Richtmikrofon am Ende einer Stange wird über die Darsteller gehalten. Besonders praktisch sind extra für diesen Zweck hergestellte Teleskopstangen. Für den gelegentlichen Einsatz findet sich geeignetes Material aber auch im Baumarkt.
Schutz vor Störgeräuschen ist wichtig bei Audio-Lösungen für Videoaufnahmen
Windböen können sich direkt auf das Mikrofon auswirken – und fallen ohne Live-Kontrolle oft erst auf, wenn es zu spät ist. Meist gehört ein Schaumstoff-Überzug zum Lieferumfang von Mikrofonen. Der sollte draußen immer verwendet werden. Noch besser lässt sich der Wind mit einem Fellüberzug – wegen des Aussehens oft als „Dead Cat“ bezeichnet – abschirmen. Bei starkem Wind ist ein sogenannter Windkorb die beste Lösung – der mit Gazestoff bespannte Rahmen schützt das Mikro rundherum –, ein Fellschutz ergänzt die Wirkung.
Kabel und Stecker
Der Einsatz von robusten Kabeln und Steckern ist bei Tonaufnahmen sinnvoll: Wackelkontakte führen zu Knacken oder Tonaussetzern, und bei schlecht geschirmten Kabeln können eingestreute Signale für unüberhörbares Brummen sorgen. Teste deshalb alle Kabelverbindungen vor der Aufnahme sorgfältig.
Drahtlosverbindungen
Mikrofone müssen meist flexibel befestigt werden – möglichst dicht am Geschehen, aber trotzdem an einem Ort, an dem sie von der Kamera nicht erfasst werden. Die Anbindung per Kabel an die Kamera ist da oft hinderlich. Funkverbindungen sind die praktischere Alternative. Günstige Lösungen setzen auf Bluetooth – sie sind recht störungsanfällig. Funklösungen, die zuverlässig sind und gut klingen, sind hingegen kostspielig. Eine alternative Lösung wird im Abschnitt „Externe Aufzeichnung“ beschrieben.
Sichere Befestigung
Bei vielen Video-Mikrofonen wird eine Halterung zur Befestigung auf dem Blitzschuh mitgeliefert. Hier kann das Mikro allerdings beim Bedienen der Kamera stören – und auch dabei entstehende Geräusche kommen mit auf die Tonspur. Für etwas Abhilfe sorgt eine Befestigung mit einer federnden Aufhängung – der Hersteller Rycote hat sich in diesem Bereich einen so guten Namen gemacht, dass er beinahe als Synonym für diese Art von Aufhängung gebraucht wird. Während im Fotobereich meist Gewinde mit einem 1/4-Zoll-UNC-Gewinde zum Einsatz kommen, sind bei Tonzubehör die etwas dickeren 3/8-Zoll-Gewinde gebräuchlich. Soll ein Mikro also auf einem Fotostativ angebracht werden, brauchst du einen entsprechenden Adapter!
Externe Aufzeichnung
Wird der Ton mit der Kamera aufgenommen, sind Bild und Ton stets synchron, und es wird nur ein Aufnahmegerät und ein Aufnahmemedium gebraucht. Aber auch externe Aufnahmegeräte haben Vorteile. Mobile Recorder, wie sie etwa vom Hersteller Zoom angeboten werden, können für jedes Mikrofon die passende Spannung liefern, haben ein Display, auf dem die wichtigsten Daten zur Aufnahme zu sehen sind, und erlauben die Tonkontrolle per Kopfhörer.
Ein Aufnahmegerät trägt heute fast jeder ständig bei sich: Mit der Sprachnotiz-Funktion von Smartphones lassen sich auch Tonaufnahmen machen – spezielle Apps bieten zusätzlich professionelle Optionen. Das mitgelieferte Headset kann als Mikrofon genutzt werden, für bessere Qualität kann auch hier ein externes Mikro zum Einsatz kommen – zur Not mithilfe eines Adapters. Als Aufnahmegerät kommt auch ein ausgemustertes Smartphone, das noch funktioniert, infrage. So lassen sich problemlos auch mehrere Darsteller mit Mikros ausstatten, ohne dass jeder an ein Kabel gebunden ist.
Synchronisierung
Wird der Ton nicht über die Kamera aufgenommen, ist es wichtig, dass er sich in der Postproduktion unkompliziert synchronisieren lässt. Das integrierte Kamera-Mikro sollte in diesem Fall unbedingt mitlaufen, da aktuelle Schnittprogramme den Ton analysieren und automatisch synchronisieren können. Zusätzliche Sicherheit bietet die klassische Methode: Statt einer echten Filmklappe genügt es zum Beispiel, so in die Hände zu klatschen, dass es auf der Videoaufnahme deutlich zu erkennen ist. Der Ausschlag des Klatschens ist in der Pegelanzeige der Tonaufnahme im Schnittprogramm klar zu erkennen.
Wichtig zu wissen: Mikrofon-Arten
- Richtmikrofone: Meist soll das zu hören sein, was sich vor der Kamera abspielt – Geräusche von der Seite oder von hinten stören eher. Hier sind Richtmikrofone hilfreich. Es gibt sie mit unterschiedlichen Aufnahmewinkeln. Bei einigen Modellen lässt der sich sogar einstellen.
- Stereo-Mikrofone: Sollen auch die räumlichen Verhältnisse hörbar werden, ist ein Mikrofon mit einer Stereocharakteristik hilfreich. Besonders praktisch für Videoaufnahmen sind X-Y-Mikrofone – die spezielle Anordnung erlaubt eine hervorragende räumliche Wiedergabe.
- Ansteckmikrofone: Diese auch als Lavaliermikrofone bezeichneten Modelle sind sehr klein und lassen sich zum Beispiel am Kragen anbringen. Damit können Dialoge auch in recht lauter Umgebung störungsfrei aufgenommen werden.
- Handmikrofone: Sie eignen sich besonders gut für Interviews und sind im Handling unkompliziert.
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