Das Schaffen des Berliner Künstlers Ono Ludwig ist schon immer geprägt durch die Liebe zum Experiment. Allesamt sind es experimentelle Licht- Bilder, die den Begriff der „Photographie“ – jenes „Mit Licht schreiben“ – noch einmal neu definieren.
Als „Lichtwandler“ hat sich Ono Ludwig einmal bezeichnet – und geht in seiner neuen, wiederum analog entstandenen Serie „Licht, Form, Farbe“ noch einmal neue Wege. Als „Augenschule“ bezeichnet er die neue Serie.
Gastautor Marc Peschke hat mit Ono Ludwig über seine neuen Werke gesprochen.
Lieber Ono Ludwig, viele Ihrer bisher entstandenen Arbeiten waren konkrete, „reine Fotografien“ – diesmal ist es ein wenig anders: Es handelt sich kurz gesagt um abbildende Fotografie. Sie zeigen die Welt, wenngleich in Details und damit formauflösend. Woher kommt der Wandel?
Manchmal mag ich es, einfach mal draufloszufotografieren, um damit eine neue Serie zu starten. Da traten dann über Jahre diese einzelnen Bilder hervor, die mich fasziniert haben. Etwas Gegenständliches und Reales zu fotografieren, aber dennoch auch etwas Sinnliches, Subjektives. Somit entstand diese Serie von analogen Fotoarbeiten.
DER FOTOGRAF
Der Diplom-Designer (FH) Ono Ludwig ist 1968 in Bochum geboren. Er lebt und arbeitet seit 1996 in Berlin als freischaffender Künstler und Fotograf.
Ihr neues Thema ist der Alltag. Sie zeigen Details von Autos, Mopeds, Fahrrädern oder Markierungen auf den Straßen. Sie zeigen das, was uns millionenfach umgibt. Nach was suchen Sie denn hier, in diesem Alltag aus Plastik, Glas, Metall und Beton? Nach Schönheit?
Ja genau! Für mich ist es immer wieder wichtig, meine Sicht auf das Normale in visuelle Schönheit umzusetzen. Verweile doch! Schau, das habe ich gesehen. Es ist schlicht. Es ist einfach, aber in meinem Blick und Sehfeld wunderschön und einzigartig.
Die Kompositionen verblüffen, obwohl man die Dinge tausendfach gesehen hat. Wie stellt man Originalität her?
Durch eine Aneinanderreihung von Schicksalsschlägen habe ich als Kind und Jugendlicher festgestellt, dass ich einen ganz anderen und besonderen Blick auf Dinge wie Formen und Farben habe. Formen und Farben schwirren um mich umher, wenn ich die Augen schließe. Dies ist eine seltene Begabung, die ich im Laufe meines Lebens verfeinern durfte. Man muss nicht in andere Länder reisen, um etwas Neues zu sehen und zu finden. Sowohl in der Malerei als auch in der Fotografie gibt es Gesetzmäßigkeiten der Kompositionen. Wenn man diese erkennt und beherrscht, ist es wie Fahrradfahren.
Wie verhalten sich ihre neuen Bilder zum Begriff des „Realismus“? Sind sie realistisch – oder subjektiv?
Natürlich zeige ich die Wirklichkeit, das Reale. Aber wenn ich das Motiv auf dem Negativ festhalte, vermischt sich das Motivbild dann auch zu einem subjektiven Ergebnis. Wirklichkeit kann auch so schön subjektiv sein, oder?
Der Titel der Serie „Licht, Form, Farbe“ klingt sehr klassisch, als stamme er aus der Zeit des Neuen Sehens. Warum dieser Titel?
Die Zukunft kann man nicht aufhalten. Dementsprechend ist auch der Alltag voller Materialien, die neu sind, innovativ, anders. Es gibt neue Formen in der Architektur, in der Mobilität. Um uns herum verändert sich alles und wird innovativer mit reichlich Farbe, Farbe, Farbe. Es wird immer wieder Neues gestaltet. Es gibt neue Formen und Farben und aus diesem Sammelsurium schöpfe ich im Hier und Jetzt. Für mich ist „Licht, Form, Farbe“ aktueller denn je.
Rechts: Fahrradgabel mit Rad 02.2022.
Fotos: Ono Ludwig
Wie haben Sie die vergangenen Corona-Jahre verbracht?
Ich habe eine Autismus-Spektrum-Störung. Für mich ist es die Hölle, jeden Tag aus dem Haus zu gehen. Es ist Krieg in meinem Kopf. Nun war alles anders: Ich habe es genossen, mit meinem Hund spazieren zu gehen und es war ruhig. Es war kein Mensch zu sehen. Es war atemberaubend für mich. In dieser Zeit habe ich auch viel gemalt. Ich war sehr produktiv und kreativ. Meine Tuschearbeiten wurden dann 2020 im Hangaram Art Museum in Seoul in einer Gruppenausstellung gezeigt.