Philipp Reinhard berichtet in seiner Kolumne, wie er 2020 mit dem Basketballer Sebastián Herrera nach Kolumbien reiste, um dort ein Spiel der chilenischen Nationalmannschaft zu begleiten.
2020 – kurz vor Pandemie-Beginn – produzierte ich, neben meiner Aufgabe als Team-Fotograf, eine sechsteilige TV-Doku über die HAKRO Merlins Crailsheim für Magenta Sport. Da ich wusste, dass der Kapitän Seba Herrera aus Chile kommt und dort auch Nationalspieler ist, fragte ich ihn einfach nach einem Sieg, als wir zusammensaßen: „Hey Seba, soll ich für dein nächstes Länderspiel nicht mit nach Kolumbien fliegen?“ Seba lachte, sprach dann aber doch den Coach der Nationalmannschaften, während ich ein Konzept entwickelte, um meinen Teil zur Doku beizusteuern.
Seba war allerdings auch nach dem Gespräch mit seinem Coach skeptisch und gab mir wortwörtlich einen Korb. Doch ich blieb dran und fragte vier Tage vor Abflug erneut bei Seba nach – mit einer überraschenden Wendung: „Der Coach ist damit okay. Wenn du Bock hast, komm mit!“ Auch der Gründer und Manager der HAKRO Merlins, Martin Romig, war sofort mit von der Partie. Und so buchten wir kurzerhand den günstigsten Flug von Frankfurt über Paris nach Kolumbien.
Mit kleinem Equipment nach Kolumbien
Ich reiste mit ganz kleinem Equipment und hatte die Leica Q2 zum Bildermachen und die Leica SL2 mit einem 24-90mm-Objektiv und einem Mikrofon zum Filmen dabei. Mein Ziel: möglichst mobil bleiben, um spontan und schnell zu reagieren. Nach Ankunft in Bogota besuchten wir noch kurz meinen Onkel Willy, der vor über 20 Jahren ausgewandert ist. Nach einem Kaffee und einem kurzen Lunch fuhren wir mit dem Mietwagen von Bogota nach Tunja, dem Austragungsort des Länderspiels zwischen Chile und Kolumbien. Dort schloss ich mich direkt der Mannschaft an und war bei den Trainings, bei Autogrammkarten-Sessions, bei Interviews und allem anderen dabei.
Das erste Spiel in Chile hatte die Mannschaft um Seba superknapp verloren. Entsprechend hoch war der Druck vor dem nächsten Spiel. Das Team musste alles geben, um sich noch für den FIBA AmeriCup zu qualifizieren. Und auch für mich war klar: Wenn wir vor Ort sind und sie dieses Spiel verlieren, wäre die Reise für die TV-Doku praktisch wertlos. Doch es kam anders. Unfassbare Emotionen in Südamerika – und ich war mitten drin und schuf mit meiner Kamera Erinnerungen von diesem historischen Sieg. Rückblickend wohl einer der emotionalsten Momente, die ich bisher erleben durfte. Und für die TV-Doku war es ein wichtiges und superspannendes Kapitel, um aufzuzeigen, dass auch außerhalb der deutschen Basketball-Liga Spannendes, Sehenswertes und Spektakuläres passiert.
Mit meinen Bildern bespielte man im Anschluss die Social-Media- Accounts der chilenischen Nationalmannschaft und den der HAKRO Merlins Crailsheim. Ich selbst habe mich zudem dazu entschieden, ein eigenes freies Projekt aus dem Trip zu machen. Mein erstes, eigenes Magazin. Mit zwei Sondereditionen und limitierten Prints. Und so kreierte ich mithilfe vom Studio Sowieso ein tolles Magazin voll mit schönen Erinnerungen, das ich über meinen Online-Shop verkaufe. Bleibe offen für Spontanes und für neue Ideen, die sich im besten Fall nicht nur finanziell, sondern auch emotional auszahlen.