1986, als Run DMC „My Adidas” veröffentlichten, die erste Single ihres Albums „Raising Hell”, war Jamel Shabazz immerhin schon 26 Jahre alt. Es war die Zeit der „New School“. Run DMC schafften es, mit Stücken wie „Walk This Way“ oder „It’s tricky“ Hip Hop in den Mainstream zu bringen. Das war auch die große Zeit der Street Photography eines Jamel Shabazz.
Ein Gastbeitrag von Marc Peschke
In diesen Jahren entstanden seine ikonischen Fotos, wie etwa „The Observer“ aus dem Jahr 1985. Ein Typ mit leuchtend-weißen Adidas, dem es perfekt gelingt, das Geschehen auf der Straße wirklich lässig zu beobachten. Oder „Joy Riding”, fotografiert in Brooklyn 1981: ein Blick in einen Straßenkreuzer. Oder ein schlicht „Friends“ betiteltes Schwarzweißbild, das Freundinnen in der U-Bahn zeigt.
Das sind die Bilder von Jamel Shabazz: So lässig und selbstverständlich, so ungekünstelt wie kein anderer hat er die afroamerikanische community fotografiert – im New York der 1970er und 1980er Jahre, die von Zeitgenossen als so hart und finster beschrieben worden sind. Es waren aber zweifellos auch die coolsten, spannendsten Jahre New Yorks: die Jahre von Jean-Michel Basquiat, Andy Warhol und Keith Haring, von Punk im CBGB’s. Und natürlich von Oldschool- und Newschool-Hip-Hop: von Grandmaster Flash, Run DMC, Salt-N-Pepa, A Tribe Called Quest, den Beastie Boys oder Boogie Down Productions.
Street credibility
Shabazz, in Brooklyn geboren und immer noch in New York lebend, fotografierte auf den Straßen, in den U-Bahn-Stationen und in den Zügen. Fotografierte „seine“ Leute. Er war ein Dokumentarist jener Jahre, aber mehr noch: Er war ein Künstler mit einem besonderen Style. „Wen immer ich porträtierte, mir ging es dabei um Würde und Ehre“, sagt er. Mit diesem Ansatz schließt er an Vorgänger und Vorgängerinnen der dokumentarischen Fotografie wie etwa Helen Levitt an. Doch viele Jahre danach – zu einer Zeit, als „street credibility“ bereits ein Thema der Pop-Industrie geworden war.
Shabazz, der sich von Helmut Newton beeinflusst sieht, pendelt zwischen Mode- und Straßenfotografie – vereinigt beides auf originäre Weise. Doch natürlich ist seine Arbeit auch politisch, denn der Hintergrundsound dieser Bilder, die nun in der Galerie Bene Taschen in Köln zu sehen sind, das ist die Armut und die Gewalt jener Jahre, der Siegeszug von Crack als härteste Droge New Yorks gegen Mitte der 1980er Jahre.
Bereits in den Jahren 2015 und 2018 wurden Fotografien von Shabazz in der Kölner Galerie präsentiert. Die aktuelle Ausstellung zeigt unter dem Titel „Photographs by Jamel Shabazz: 1980–1989“ bis zum 4. Juni 2022 weitere Kapitel seines „Visual Diary“: größtenteils noch nie gezeigte Bilder einer Jugendkultur in den Vierteln East Flatbush, Bedford-Stuyvesant, Downtown Brooklyn bis hin zum Times Square.
ÜBER DEN FOTOGRAFEN
Jamel Shabazz ist in Brooklyn geboren und aufgewachsen. Im Alter von 15 Jahren nahm er seine erste Kamera in die Hand und begann, seine Altersgenossen zu dokumentieren. Seit 1980 fotografiert er das Leben der afroamerikanischen Gemeinschaft in New York City. In den letzten 10 Jahren hatte er über zwei Dutzend Einzelausstellungen in Argentinien, den Niederlande, England, Italien, Deutschland, Frankreich, Japan und den USA. Shabazz arbeitet darüber hinaus mit jungen Menschen zusammen – als Lehrer für Fotografie, aber auch, um sie zu sozialer Verantwortung zu inspirieren. Derzeit arbeitet er an einem neuen Buch mit dem Titel „Das Buch des Lebens“.
www.jamelshabazz.com
Instagram: @jamelshabazz