Die Flaggschiff-Modelle mit Mittelformatsensor von Fujifilm sind groß, schwer und teuer – Vorurteile, mit denen der Hersteller nun endgültig abschließen möchte. Wir haben uns die günstigste Mittelformat-DSLM Fujifilm GFX 50S II im Test genauer angesehen.
Lange Zeit lag das bevorzugte Jagdrevier von Mittelformat-Fotografen eher in geschützten und kontrollierten Bereichen; etwa im sicheren Fotostudio oder im Rahmen eines wohl vorbereiteten Shootings. Ein großer Sensor braucht eben seinen Platz; Aspekte wie Portabilität und einfache Bedienung ordneten sich bedingungslos der Bildqualität unter.
Bereits im Jahr 2017 wagte Fujifilm mit dem ersten Modell der neu geschaffenen GFX-Reihe einen etwas anderen Ansatz: Von der Performance seiner APS-C-Systeme überzeugt, widmete sich der Hersteller entgegen dem aufkeimenden Trend zum Kleinbildsensor kurzerhand dem prestigeträchtigen Mittelformat. Durch den Einsatz spiegelloser Technologie entstanden so spannende Kameras, die in puncto Formfaktor mit ihren Vollformat-Konkurrenten mithalten konnten. Den Fokus legte Fujifilm auf kompromisslose Bildqualität; mit Erfolg: Auch heute noch – beinahe fünf Jahre nach Erscheinen – setzen die GFX-Kameras den Maßstab für Auflösung und Detaildarstellung in unseren Bestenlisten.
Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Grundsätzlich haben Fotografen beim GFX-System die Wahl zwischen zwei Sensoren, die maßgeblich zur Namensgebung der jeweiligen Modelle beitragen: Die GFX 50S aus dem Jahr 2017 und die GFX 50R von 2018 setzen auf einen Bildchip mit rund 50 Megapixeln; die wuchtige GFX 100 und das jüngst erschienene, deutlich schlankere Schwestermodell GFX 100S lösen rund 100 Megapixel auf.
Bei zuletzt genanntem Modell hat es Fujifilm endgültig geschafft, die kompromisslose Kraft des riesigen Sensors auch im Foto-Alltag jederzeit unkompliziert nutzbar zu machen, denn: Während die GFX 100 aufgrund des integrierten Hochformatgriffs und einem Gewicht von knapp 1,5 Kilogramm – ohne Objektive wohlgemerkt – noch sehr wuchtig, schwer und oft auch unhandlich daherkam, orientierte sich die GFX 100S grob an den Vorgängerinnen mit 50-Megapixel- Sensor.
Ein Body, unzählige Möglichkeiten
Der jüngste Familienzuwachs schlägt in dieselbe Kerbe und setzt somit auf ein beinahe unverändertes Gehäuse im Vergleich zur GFX 100S. Für alle, die mit dem Mittelformat-Boliden noch wenig bis keine Berührungspunkte gehabt haben, hier eine kurze Zusammenfassung: Ohne angesetztes Objektiv bringt die DSLM rund 900 Gramm auf die Waage; ein noch akzeptables Gewicht, das auch auf längeren Touren gut zu händeln ist. Neben dem Hauptschalter samt Auslöser nimmt das praktische Zusatz-Display den Großteil des Platzes auf der rechten Schulter ein.
Links neben dem großen elektronischen Sucher mit einer Diagonalen von 0,5 Zoll, einer Auflösung von scharfen 3,7 Millionen Bildpunkten und kleinbildäquivalentem Vergrößerungsfaktor 0,77 findet sich ein klassisches Modus-Wahlrad sowie der Umschalter für den Video-Modus. Im Vergleich zu den Bedienkonzepten anderer Hersteller verdient die GFX 50S II für uns hier mehr denn je das Prädikat „aufgeräumt“.
Gleiches gilt für die Rückseite der Kamera: Im Zentrum steht ganz klar der große 3,2-Zoll-Touchscreen mit 2,36 Millionen Bildpunkten. Der Monitor lässt sich nach oben, unten und um rund 45 Grad zur Seite klappen; eine solide, wenn auch nicht die beste Lösung. Direkttasten für die Bildrückschau, das (Schnell-) Menü und ein griffiger Fokus-Joystick sind jederzeit gut erreichbar positioniert. Zum Anschluss von Peripherie-Geräten dienen ein Micro-HDMI- und ein USB-C-Port unter den Abdeckungen auf der linken Gehäuseseite.
Dazu gesellen sich je eine 3,5-mm-Klinkenbuchse für Mikro und Kopfhörer sowie ein 2,5-mm-Terminal für den kabelgebundenen Fernauslöser. Zwei schnelle UHS-II-Slots für handelsübliche SD-Karten kümmern sich um die Speicherung der Bilder. Beim Akku setzt die GFX 50S II auf den starken NP-W235 mit einer Kapazität von 2.200 mAh; genug Strom für rund 600 Bilder in unserem Test; sehr gut. In Sachen Bedienung, Handling und Alltagstauglichkeit zeigt der Daumen also ganz klar nach oben.
(Kein) Mut zur Veränderung
Der Blick auf die inneren Werte fällt dann allerdings etwas ernüchternder aus; mit einer großen, aber dafür gewichtigen Ausnahme: So setzt die GFX 50S II weitestgehend auf die bewährte Technik ihrer fast fünf Jahre alten Vorgängerin, der GFX 50S. Doch nicht, dass wir uns an dieser Stelle falsch verstehen: Auch heute noch markiert das Erstlingswerk den Bestwert bei der Bildqualität in unseren Bestenlisten. Einen Wert, den die GFX 50S II dann aber nicht ganz erreichen kann, denn: Der neue, optische Bildstabilisator entpuppt sich als Fluch und Segen zugleich. Einerseits büßt die Mittelformat-DSLM dadurch in beinahe jeder Situation im Vergleich zur bärenstarken Vorgängerin stets ein paar Linienpaare pro Bildhöhe ein. Mit bloßem Auge erkennbar ist dieser Unterschied höchstens bei sehr hohen ISO-Werten; messbar dagegen über das gesamte ISO-Spektrum.
Auf der anderen Seite bringt der Bildstabilisator in der Praxis gleich mehrere Vorteile mit sich, die das Auflösungsminus für uns am Ende wieder ausgleichen: Während die Kamera im sogenannten Multishot-Modus dank automatischer Sensor-Verlagerung Bilder mit unglaublichen 200 Megapixeln liefert, ist es doch der hervorragende Verwacklungsschutz, der es uns am Ende am meisten angetan hat. So können wir aus der Hand scharfe Aufnahmen mit einer Verschlusszeit im Sekunden-Bereich fotografieren; einfach sensationell. Alternativ reduzieren wir die ISO-Werte beim Fotografieren in schlechten Licht-Situationen und reduzieren so das lästige Rauschen. Auch wenn die DSLM dank riesiger Pixel in diesem Bereich ohnehin bereits gut aufgestellt ist.
Die Fujifilm GFX 50S II im Labor und in der Praxis
Lästiges Rauschen tritt im Druck bei den Aufnahmen aus der GFX 50S II erst bei ISO 12.800 wirklich in Erscheinung; sehr beeindruckend. In der vergrößerten Ansicht am Monitor sehen wir erste Störpixel zwar schon bei ISO 3.200; das gleichmäßige Muster sorgt aber dafür, dass der Bildeindruck nicht sonderlich negativ ins Auge fällt. Das Bild unten wurde bei ISO 400, Blende f/10 und 1/27 Sekunden freihand mit 35mm Brennweite fotografiert.
Bis einschließlich ISO 800 strotzen die Aufnahmen aus der DSLM geradezu vor feinen Details und glänzen mit hoher Auflösung. Mit steigenden ISO-Werten reduzieren sich die Messergebnisse zusehends; wirklich weich werden die Bilder aber nie. Ein Unterschied zur sehr starken Vorgängerin wird erst mit hohen ISO-Werten deutlich, ist dann mit einem Defizit von rund zehn Prozent aber markant.