In den Fotoserien von Janik Gensheimer werden Objekte zum Schweben gebracht und alltägliche Gegenstände zu den Hauptakteuren abstrakter Bildwelten. Seinen Stil – und Anspruch – beschreibt der Fotodesigner als eine Mischung aus technischer Perfektion und künstlerischem Gespür.
Die Bildidee und das Konzept sind für Janik Gensheimer der wichtigste Part seiner fotografischen Arbeit. Sein Ziel: Fotoserien zu gestalten, die mit einer klaren Bildsprache überzeugen und Emotionen bei den Betrachtern hervorrufen. Mit seinen Stilllife-Aufnahmen möchte der Fotodesigner das Auge begeistern und irritieren, jedoch nicht überfordern. Erfahrt im Interview, wie Janik Gensheimer die Welt der abstrakten Stilllife-Fotografie für sich entdeckte und Fuß in der Branche fasste.
Janik, erzählst du uns von dir? Wie bist du zur Fotografie gekommen?
Meine Begeisterung für die Fotografie ist noch während meiner Schulzeit entstanden. Für ein Schulprojekt habe ich mich ausgiebig mit der abstrakten Fotografie beschäftigt, sprich mit Fotolegenden wie Man Ray, László Moholy-Nagy oder Adam Fuss. Ihre Werke haben mich wahnsinnig fasziniert. Deshalb habe ich mir meine erste Bridge-Kamera gekauft und tagelang mein mit Molton abgedunkeltes Zimmer nicht verlassen – vertieft in jegliche fotografischen Experimente, von Langzeit- und Mehrfachbelichtungen über Makroaufnahmen bis zu Versuchen mit Wassertropfen. Im Endeffekt war das Kinderzimmer mein erstes Studio, ausgestattet mit einer Schreibtischlampe und Molton.
Und in welchen Bereichen arbeitest du heute hauptsächlich?
Spezialisiert habe ich mich auf die Architektur- und Produktfotografie. Die beiden Bereiche liegen meiner doch sehr genauen und perfektionistischen Arbeitsweise am meisten. Dort kann man auch die Parallele zur abstrakten Fotografie ziehen, gerade in der Architektur, wo es viel um Geometrie und Formen geht. In der Produktfotografie steht oft die Beschaffenheit eines Materials im Vordergrund und wie man dieses visuell transportiert. Die faszinierende Aufgabe für mich lautet jedes Mal wieder aufs Neue: Wie schaffe ich es, etwas rein visuell zu transportieren, das ich ansonsten über viele verschiedene Sinne, wie zum Beispiel Tasten, Fühlen oder Hören, wahrnehmen kann?
Und worauf liegt der Fokus deiner Arbeit? Was möchtest du erzielen?
Mein Fokus liegt auf einer klaren, aber feinfühligen Bildsprache, die trotz Klarheit nicht kalt und emotionslos wirkt. Sie soll die Betrachter begeistern und nicht überfordern. Ich möchte visuell beeindruckende Bilder erschaffen, die emotional berühren.
Schenkst du uns einen Blick in dein Fotostudio: Mit welcher Foto- und Lichtausrüstung arbeitest du?
Im Studio arbeite ich in der Regel mit Dauerlicht, aktuell hauptsächlich mit LED-Leuchten von den Herstellern Aputure und Rayzr. In Sachen Kamera leistet mir die Fujifilm GFX 50R mit adaptierten Pentax Tilt-Shift-Objektiven gute Dienste. Manchmal miete ich aber auch eine Fachkamera mit Phase-One-Rückteil.
Deine Stilllife-Aufnahmen besitzen eine abstrakte und künstlerische Note. Wie würdest du deinen Stil beschreiben?
Abstrakt und künstlerisch sind beides Elemente, die mir sehr wichtig sind. Ich denke, es ist eine Mischung aus technischer Perfektion und künstlerischem Gespür. Wie bereits erwähnt ist mir eine gewisse Klarheit in den Bildern sehr wichtig, denn ich möchte die Betrachter nicht überfordern. Diese Klarheit bildet sozusagen die Basis meiner Gestaltung, welche ich dann versuche, mit Stimmung und Emotion zu kombinieren. Ein Gespür für Farben und wirkungsvolle Farbkombinationen spielen eine wichtige Rolle. Teilweise kommen dann Stilelemente wie Unschärfen oder inhaltliche Irritationen dazu.
Und wie erzeugst du diese Stimmung und Emotion, von der du sprichst?
Es gibt sehr viele Gestaltungselemente, die Atmosphäre in ein Bild bringen können: über eine geringe Schärfentiefe, dem Spiel mit Licht und Schatten bis hin zu Flairs und unscharfen Vordergründen. Das Entscheidende ist jedoch, ein Feingespür zu entwickeln, wie man diese vielen Elemente stimmig einsetzt – sprich, sowohl in der richtigen Dosierung als auch abgestimmt auf einander und auf die anderen Faktoren eines Bilds beziehungsweise einer Szenerie.
Von der Beauftragung bis zu den finalen Bildern: Wie gehst du beim Setstyling, der Bildgestaltung und Umsetzung deiner Aufnahme vor?
Die Phase der Konzepterstellung ist ganz wesentlich für die Entstehung meiner Bilder. Natürlich fließen auch dort schon mein Stil und meine visuellen Vorlieben mit ein. Sobald ein Thema oder Produkt und eine erste Idee an mich herangetragen werden, entsteht sofort ein Bild in meinem Kopf. Dem gehe ich dann nach oder überlege mir verschiedene Szenarien. Das Spannende ist dann diese Vorstellung, die nur ich als Fotograf sehen kann, dem Kunden oder der Kundin anhand von Moodboards und Erklärungen näherzubringen. Die Blickführung des Betrachters ist für mich hierbei das zentrale Element in der Bildgestaltung. Sowohl während des Fotografierens als auch in der Postproduction achte ich sehr genau darauf, wo der Blick hinfällt, und versuche, diesen gezielt zu steuern.
Du arbeitest in Serien? Warum?
Stimmt. Die Grundlage dafür wurde während meiner Ausbildung im Lette-Verein Berlin zum Fotodesigner gelegt. Dort wurde uns immer wieder gesagt, dass wir lernen müssen, in Serien zu arbeiten, denn dafür wird ein Profi am Ende bezahlt. Nicht für einzelne Schnappschüsse. Es geht darum, geplant Bilder umsetzen zu können – und das reproduzierbar, sprich in Serien. Der Berufsalltag sieht dann auch tatsächlich so aus: Kunden möchten in der Regel mehr als ein Bild für ihre Produkte oder eine Kampagne – eine Einheitlichkeit in der Darstellung ist hierbei sehr wichtig. Eine Serie zu erstellen macht mir jedoch auch jede Menge Spaß, da es immer wieder eine kleine Herausforderung ist, verschiedene Motive in eine durchgängige Bildsprache zu bringen, ohne dass ein Motiv schwächer ist als die anderen.
Wie fasst man in der (abstrakten) Stilllife- Fotografie Fuß? Hast du Tipps?
Es gibt zwei klassische Wege, mit der Stilllife- Fotografie Geld zu verdienen: Kunst oder Werbung. Mein Weg war die Werbung beziehungsweise die Auftragsfotografie. Ich würde sagen, dass ich den ganz klassischen Weg gegangen bin. Eine gute Ausbildung ist das A und O – und meiner Meinung ist es dabei irrelevant, ob das eine Ausbildung bei einem Fotografen oder einer Fotografin, eine schulische Ausbildung oder ein Studium ist. Viel wichtiger ist die Qualität und dass die Richtung, die man später selbst einschlagen möchte, stimmt. Nach der Ausbildung habe ich dann assistiert. Dies ist sehr wichtig, um den Berufsalltag kennenzulernen, sich weiter auf das gewünschte Genre zu spezialisieren und erste Kontakte aufzubauen. Ganz wichtig ist zudem, rechtzeitig sein eigenes Portfolio aufzubauen und einen eigenen Stil zu entwickeln. Wenn man dann seine erste Mappe druckt, kann man anfangen, diese zu zeigen, und versuchen, die ersten Jobs zu akquirieren. Ab dann hilft nur noch dranbleiben und sich stets weiterentwickeln.
Ich habe vor meiner Selbstständigkeit noch eine Art zweite Ausbildung eingeschoben und ein Jahr lang bei einer Firma für Bildbearbeitung im Bereich der High-End-Werbung gearbeitet sowie mehrere Jahre als Freelancer im Bereich der Autowerbung als Bildbearbeiter und technischer Betreuer am Set. Während dieser Zeit habe ich wahnsinnig viel gelernt, vor allem visuell, in Hinsicht auf das Thema Blickführung, Farbgespür etc. Aber natürlich auch die ganzen technischen Aspekte und die Erfahrung, ein Teil einer großen Produktion zu sein, große Sets zu erleben sowie Verantwortung zu tragen, waren für mich und meine Selbstständigkeit sehr hilfreich.
Janik Gensheimer im Interview: Über Janik Gensheimer
Nach seinem Abschluss als staatlich geprüfter Fotodesigner im Lette-Verein Berlin im Jahr 2012 assistierte der freiberufliche Fotograf Janik Gensheimer verschiedenen Fotografen und sammelte bis 2018 Erfahrungen als Bildbearbeiter und Digital Operator im Bereich der Werbung. Heute liegt sein fotografischer Schwerpunkt auf der Architektur- und Produktfotografie.
www.janikgensheimer.de
Instagram: @janikgensheimer