Die World Photography Organisation hat heute die Finalist:innen und die Shortlist des professionellen Wettbewerbs der Sony World Photography Awards 2022 bekanntgegeben. Eine deutsche Fotografin sowie ein deutscher Fotograf stehen im Finale, vier weitere deutsche Fotograf:innen haben es auf die Shortlist geschafft.
Der Gewinner oder die Gewinnerin des Titels „Photographer of the Year 2022“ wird aus den Finalist:innen des Profi-Wettbewerbs ausgewählt und am 12. April 2022 bekanntgegeben. Der Profi-Wettbewerb, der bereits zum 15. Mal stattfindet, würdigt herausragende Bildserien, die sich durch technisches Können auszeichnen und zeitgenössische Themen aus neuen, ungewöhnlichen Perspektiven beleuchten. Die Arbeiten der Finalist:innen und der Fotograf:innen auf der Shortlist werden bei der Ausstellung zu den Sony World Photography Awards zu sehen sein, die vom 13. April bis 2. Mai 2022 im Somerset House zu sehen sein wird.
Für die Sony World Photography Awards 2022 sind dieses Mal mehr als 340.000 Bilder aus 211 Ländern eingereicht worden; mehr als 156.000 Einsendungen gab es für den Profi-Wettbewerb – die höchste Zahl von Beiträgen in der Geschichte der Awards. Die Jury zeigte sich begeistert von der Qualität der eingereichten Arbeiten. „Das Niveau der Arbeiten im Profi-Wettbewerb hat mich durch seine Tiefe und Vielseitigkeit überrascht. Zeitweise hatten wir wohl alle das Gefühl, die Welt sei aufgrund der anhaltenden Covid-Krise zum Stillstand gekommen, doch wenn man sich diese Projekte ansieht, wird einem klar, dass nichts weiter von der Wahrheit entfernt sein könnte“, sagte der Jury-Vorsitzende Mike Trow. Mit Fabian Ritter (Dokumentarische Projekte) und Sarah Grethe (Kreativ) sind zwei Deutsche unter den Finalist:innen. Rene Cassio Scholz (Architektur und Design), Peter Franck (Kreativ), Moses Omeogo (Dokumentarische Projekte) und Marlena Waldthausen (Portfolio) haben es auf die Shortlist des professionellen Wettbewerbs geschafft.
Wir stellen die drei Finalist:innen in jeder Kategorie des Profi-Wettbewerbs 2022 und ihre Projekte kurz vor:
SWPA 2022 Finalist:innen und Shortlist des Profi-Wettbewerbs: Architektur und Design
In „Nur-Sultan“ zeigt Javier Arcenillas (Spanien) Aufnahmen der bemerkenswerten, exzentrischen Architektur der Hauptstadt von Kasachstan.
Die Serie „Blueprint“ (Blaupause) Yun Chi Chen (Taiwan) umfasst mehrschichtige Bilder, bei denen der Fotograf digitale Nachbearbeitungstechniken angewendet hat, um das Verfahren zur Erstellung traditioneller Architektur-Blaupausen (Cyanotopie) nachzuahmen.
„Dorf“ von Domagoj Burilović (Kroatien) stellt mithilfe von Fotomontagen dar, wie die Natur ironischerweise Häuser in Slawonien zurückerobert – einer Region, die im 19. Jahrhundert durch die Ausbeutung der Wälder und des Bodens reich wurde.
Kreativ
„New Waves“ von Raphaël Neal (UK) stellt Szenen des Klimawandels den Porträts von Teenagern gegenüber; die Diptychen verdeutlichen die verheerenden Folgen für diejenigen, die am stärksten davon betroffen sein werden.
„Sometimes the Sky Above us is Open“ (dt.: „Manchmal ist der Himmel über uns offen“) von Sarah Grethe (Deutschland) zeichnet die Reise der Fotografin in die Heimatstadt ihrer Mutter in Süddeutschland nach, wo sie in inszenierten Porträts und Stillleben ihrer beider Beziehung reflektiert.
„Mellow Apocalypse“ (dt.: „Sanfte Apokalypse“) von Alnis Stakle (Lettland) greift auf Bildmaterial aus frei zugänglichen Sammlungen von Museen, wissenschaftlichen Einrichtungen und Bilddatenbanken zurück, um komplexe, detaillierte Collagen zu erstellen, in denen unterschiedliche Elemente aufeinanderprallen und einander überschneiden.
Dokumentarische Projekte
„The Long Days of Hanau“ (dt.: Die langen Tage von Hanau) von Fabian Ritter (Deutschland) beschäftigt sich mit der Stadt Hanau nach dem rassistischen Anschlag am 19. Februar 2020.
Der bekannte Fotojournalist Jan Grarup (Dänemark) zeigt in „The Children of the Financial Collapse in Venezuela“ (dt.: Die Kinder des Finanzkollapses in Venezuela) Szenen der Verzweiflung und die bittere Armut von Venezolanern in Kolumbien.
Die Serie „Insurrection“ (dt.: Aufstand) des bekannten Nachrichtenfotografen Win McNamee (USA) fängt die dramatischen Szenen ein, die sich abspielten, als Trump-Anhänger:innen am 6. Januar 2021 das Kapitol der Vereinigten Staaten stürmten und sich den Weg in das Gebäude erkämpften.
SWPA 2022 Finalist:innen und Shortlist des Profi-Wettbewerbs: Umwelt
Shunta Kimuras (Japan) Serie „Living in the Transition“ (dt.: Leben im Umbruch) untersucht die Auswirkungen des Klimawandels in Bangladesch, wo die Einwohner:innen zunehmend mit Problemen wie der Erosion von Flüssen, Erdrutschen und steigendem Salzgehalt zu kämpfen haben.
Giacomo d’Orlando (Italien) dokumentiert in „Nemo’s Garden“ (dt.: Nemos Garten) das erste Unterwassergewächshaus der Welt – eine mögliche Lösung in der verzweifelten Suche nach alternativen und nachhaltigen Methoden des Nahrungsmittelanbaus.
Die Serie „Portraits in Ashes“ (dt.: Porträts in Asche) des renommierten Fotografen Gideon Mendel (Südafrika) zeigt Familien und einzelne Menschen in den leeren Mauern ausgebrannter Gebäude und hält so auf ergreifende Weise die Zerstörung fest, die Waldbrände in Griechenland, Kanada und den USA verursacht haben.
Landschaft
Die Serie „Solar Graphic“ (dt.: Solar-Grafik) von Andrius Repšys (Litauen) wurde in einem Winter aufgenommen, in dem aufgrund des Klimawandels ungewöhnlich viel Schnee fiel. Die Bilder stellen nachhaltige Energiequellen wie Dämme, Windturbinen und Solarbatterien von oben dar und reduzieren sie auf grafische Abstraktionen.
„Life on Earth“ (dt.: Leben auf der Erde) von Lorenzo Poli (Italien) widmet sich der ätherischen Magie der Natur und der geheimnisvollen Schönheit einer ungezähmten Welt, verkörpert durch eine Reihe unterschiedlicher Landschaften.
Die Serie „Tree“ (dt.: Baum) entstand, als der Porträtfotograf Gareth Iwan Jones (UK) während des Lockdowns seine Arbeit unterbrechen musste – also richtete er sein Objektiv stattdessen auf Baum-Silhouetten vor einem dämmrigen Himmel, um porträtähnliche Bilder zu schaffen.
SWPA 2022 Finalist:innen und Shortlist des Profi-Wettbewerbs: Portfolio
The „Beauty of Humanity“ (dt.: Die Schönheit der Menschen) von Anna Neubauer (Österreich) basiert auf dem Wunsch der Fotografin, sich von traditionellen Stereotypen zu lösen und durch eine Reihe einfühlsamer Porträts die Vielfalt zu würdigen.
Hugh Fox (UK) fängt in „Portfolio“ ruhige Momente des täglichen Lebens mit Familie und Freunden während der Pandemie ein.
Der kommerzielle und Redaktionsfotograf Julian Anderson (UK) präsentiert eine Auswahl an Porträts, Landschaften und Stillleben, die er für verschiedene Zeitschriften aufgenommen hat.
Porträt
„Caryatis 2021“ von George Tatakis (Griechenland) ist eine Studie über die traditionellen Trachten griechischer Frauen aus verschiedenen Epochen der reichen Geschichte Griechenlands. Jedes Foto wurde nach einer gründlichen Recherche sorgfältig inszeniert.
Die Serie „Migrantes“ (dt.: Migranten) des bekannten Fotojournalisten Adam Ferguson (Australien) umfasst Selbstporträts von Migranten in Mexiko, die darauf warten, die Grenze zu den USA zu überqueren. Ferguson verwendete eine Kamera mit Stativ und Fernauslöser, lud seine Protagonisten ein, den Moment der Aufnahme selbst zu bestimmen, und überließ ihnen so die Kontrolle über ihr Foto.
Der angesehene Dokumentarfilmer Brent Stirton (Südafrika) schuf mit „Bushmeat Hunters“ (dt.: Buschfleisch-Jäger) eine Serie von Porträts von Buschfleisch-Jägern, die mit ihren erlegten Tieren abgebildet sind – aufgenommen auf eine Weise, die an traditionelle Gemälde von Jägern erinnert.
SWPA 2022 Finalist:innen und Shortlist des Profi-Wettbewerbs: Sport
„Kuarup“ von Ricardo Teles (Brasilien) dokumentiert ein Ritual der brasilianischen Xingu zur Ehrung der Toten, zu dem auch ein Kampfsport namens Huka-huka gehört – in diesem Jahr wurde vor allem der Opfer von Covid-19 gedacht.
Die Serie „Tokyo Twenty One“ (Tokio 2021) des bekannten Sportfotografen Adam Pretty (Australien) fängt die Dramatik und Spannung der Olympischen Spiele ein und zeigt die Kraft und das Können der Sportler:innen.
„Loyal Fans“ (dt.: Treue Fans) von Roman Vondrouš (Tschechien) schildert die Begeisterung und Treue der Fans des Fußballvereins Bohemians Prag 1905, die sich selbst von den Beschränkungen während der Pandemie nicht abschrecken ließen und eigene Leitern mitbrachten, um Spiele über den Zaun hinweg verfolgen zu können.
Stillleben
Cletus Nelson Nwadike (Schweden) fotografierte für seine Serie „From Nigeria to Nässjö“ (dt.: Von Nigeria nach Nässjö) Gegenstände im Schnee, die ihn besonders an seine Heimat erinnern, und gedachte damit seiner verstorbenen Mutter, die kein Visum erhalten hatte, um ihn und seine Familie zu besuchen.
Für „Constellation“ (dt.: Konstellation) schufen Haruna Ogata (Japan) und Jean-Etienne Portail (Frankreich) farbenfrohe abstrakte Skulpturen, um sie dann als elegante grafische Kompositionen zu fotografieren.
„Concordia“ von Alessandro Gandolfi (Italien) zeigt Habseligkeiten, die aus dem Wrack des Kreuzfahrtschiffs Costa Concordia geborgen wurden, das 2012 sank, wobei 32 Menschen ums Leben kamen.
SWPA 2022 Finalist:innen und Shortlist des Profi-Wettbewerbs: Natur und wilde Tiere
„Absolute Beginner“ (dt.: Blutiger Anfänger) von Oana Baković (Rumänien) erkundet die große Vielfalt und Schönheit der Pflanzenwelt in der Region, in der die Fotografin lebt.
Der Fotojournalist Federico Borella (Italien), Gewinner des Titels „Photographer of the Year 2019“, durchleuchtet in seiner Serie „Exotic Appetite – Inside the Italian Exotic Animal Trade“ (dt.: Lust auf Exotisches – Einblicke in den Handel mit exotischen Tieren in Italien) den wenig beachteten Handel mit lebenden exotischen Tieren in Italien – Tieren, die ausgestellt und mit großem Gewinn verkauft werden.
Für „The Fox’s Tale“ (dt.: Die Geschichte des Fuchses) hat Milan Radisics (Ungarn) acht Monate lang fast jede Nacht einen jungen Fuchs beobachtet und fotografiert, der in seinen Garten kam.
Die Finalist/-innen und die Shortlist des professionellen Wettbewerbs wurden von der folgenden Jury ausgewählt: Rahaab Allana, Kurator und Herausgeber, Alkazi Foundation for the Arts, Neu-Delhi; Ângela Ferreira, Künstlerin, unabhängige Kuratorin und Postdoc Researcher an der Escola de Belas Artes Universidade Federal do Rio de Janeiro, Brasilien; Deborah Klochko, geschäftsführende Direktorin und Chefkuratorin, Museum of Photographic Arts, San Diego, USA; Richmond Orlando Mensah, Gründer und Kreativdirektor, Manju Journal, Ghana; und Mike Trow, unabhängiger Kurator und Bildredakteur, Vorsitzender der Jury.
Weitere Informationen zu den Finalist:innen und Shortlists sind unter folgendem Link einsehbar: www.worldphoto.org
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