Bis Ende Juni 2022 verwandeln sich der Hauptbahnhof Mannheim und der Hauptbahnhof Heidelberg zeitweilig in Galerien. Dort werden großflächig installierte Fotografien von drei ausgewählten Biennale-Künstler:innen zu sehen sein. In Mannheim werden Werke von Anna Ehrenstein gezeigt, in Heidelberg können Reisende die Arbeiten von Misha Vallejo Prut und Eline Benaminsen besichtigen. Die Ausstellungen bilden den Auftakt für die Biennale für aktuelle Fotografie. Dafür gehen die Biennale und die Deutsche Bahn erstmals eine Kooperation ein.
Die Biennale für aktuelle Fotografie kooperiert erstmals mit der Deutschen Bahn. Daher werden bis zum 22. Juni 2022 im Hauptbahnhof Mannheim und im Hauptbahnhof Heidelberg Fotografien von drei Biennale-Künstler:innen ausgestellt werden. Die beiden Bahnhöfe verwandeln sich damit temporär in Galerien. Im Hauptbahnhof Mannheim werden Ausschnitte der Serie „Tools for Conviviality“ von Anna Ehrenstein präsentiert, in Heidelberg werden Bilder der Serie „Secret Sarayaku“ von Misha Vallejo Prut und des Projekts „Footprints in the Valley“ von Eline Benjaminsen gezeigt. Gemeinsamer Nenner der Arbeiten ist der kritische Blick auf das Verhältnis zwischen Menschen, Umwelt, Technologie und die Nutzung von Ressourcen und deren weltweite Folgen. Die Kooperation leitet die Biennale für aktuelle Fotografie ein, die ab dem 19. März 2022 in Städten Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg stattfinden wird.
„Mannheim und Heidelberg sind jetzt Kunstbahnhöfe. Wer Kunst erleben möchte, wird nicht nur im Museum oder in einer Galerie fündig, sondern auch am Bahnhof. Unsere Gäste sollen sich dort gerne aufhalten und wohlfühlen, sich inspirieren lassen und ihre Wartezeit für einen kurzweiligen Ausstellungsbesuch nutzen“, sagt Andrea Kadenbach, Bahnhofsmanagerin für Mannheim und Heidelberg.
Anna Ehrenstein im Mannheimer Hauptbahnhof
Die Serie Tools for Conviviality („Werkzeuge für Geselligkeit“), die im Mannheimer Hauptbahnhof gezeigt wird, ist ein multimediales Projekt der Fotografin und Medienkünstlerin Anna Ehrenstein in Zusammenarbeit mit den Kulturschaffenden Saliou Ba, Donkafele, Nyamwathi Gichau, Lydia Likibi und Awa Seck. Anna Ehrenstein hinterfragt in ihrer Arbeit die Neutralität von digitalen Technologien und die europäische Perspektive auf Lebensentwürfe im westafrikanischen Raum. Mit Leichtigkeit und Humor betrachtet sie die vermeintliche Freiheit, die Smartphones und Soziale Medien versprechen, und thematisiert die soziokulturellen Folgen der Digitalisierung im globalen Kontext.
„Tools for Conviviality“ wird zur Biennale in der Ausstellung „Collective Minds in Port25 – Raum für Gegenwartskunst“ in Mannheim präsentiert, die das Internet als Medium der Identitätsfindung und neuer Lebensentwürfe behandelt. Am Mannheimer Hauptbahnhof werden die großformatigen Fotografien über dem Haupteingang und an verschiedenen Schaufenstern im Bahnhofsgebäude präsentiert. Eine Erklärstation im Untergeschoß wird Passant:innen ab März weitere Informationen zu der Arbeit von Anna Ehrenstein liefern.
Fotoserie über Ecuador in Heidelberg
Die Fotoserie „Secret Sarayaku“, die im Heidelberger Hauptbahnhof installiert ist, zeigt das tägliche Leben der Menschen einer indigenen Gemeinschaft in Ecuador. Seit 2015 dokumentiert der Fotograf Misha Vallejo Prut das Kichwa-Volk von Sarayaku, das im Amazonas-Regenwald lebt. Die Menschen in Sarayaku leisten seit Jahrzehnten Widerstand gegen die Förderung von Erdöl in ihrem Stammesgebiet, die mit Umweltzerstörung und Landenteignung einhergeht. Traditionelles Wissen verbindet sich mit Cyber-Aktivismus, über die Sozialen Medien macht das Dorf seinen Kampf für den Erhalt seines Lebensraums weltweit sichtbar. Arbeiten aus der Fotoserie „Secret Sarayaku“ sind ab März in der Biennale-Ausstellung „Contested Landscapes“ in der Kunsthalle Mannheim zu sehen, die sich den ökologischen Herausforderungen der Menschheit widmet.
Darüber hinaus sind auch Arbeiten der Fotografin Eline Benjaminsen in Heidelberg zu sehen. In ihrem Projekt „Footprints in the Valley“ untersucht sie die Mechanismen und Zusammenhänge des globalen CO2-Emissionshandels. Ausgehend von einem Zertifikat über die Pflanzung eines Baums, das sie für die Kompensationszahlung einer Flugreise erhalten hatte, fragte sie sich, wer diese Bäume auf wessen Land und mit welcher Berechtigung pflanzt. Ihre Recherchen führten Benjaminsen nach Kenia in den Embobut-Wald, in und von dem die dort ansässigen indigenen Sengwer seit Jahrhunderten leben.
Heute ist die Region versteckter Schauplatz eines Konflikts zwischen lokalen und globalen Interessen im Rahmen des weltweiten CO2-Emissionshandels. Denn die einheimische Sengwer-Bevölkerung wird, mitunter gewaltsam, vertrieben und ihre Menschen- und Landrechte werden massiv verletzt. Am Heidelberger Hauptbahnhof sind 3D-Visualisierungen ausgestellt, die beispielhaft zeigen, wie viel CO2 ein einzelner Baum binden kann. Diese 3D-Modelle sind mit Hilfe eines Bildmessungsverfahrens, der Fotogrammetrie, entstanden. Die Serie „Footprints in the Valley“ wird während der Biennale in der Ausstellung „Changing Ecosystems“ im Heidelberger Kunstverein, die den durch Menschen verursachten Rückgang natürlicher Ökosysteme aufgreift, präsentiert.
Im Heidelberger Hauptbahnhof werden die beiden Werkreihen von Eline Benjaminsen und Misha Vallejo Prut in acht großformatigen Arbeiten (jeweils 4×3 Meter) auf dem Querbahnsteig installiert, der von den Gleisen zur Eingangshalle führt. „Diese Kooperation an den Hauptbahnhöfen Mannheim und Heidelberg ermöglicht sehr vielen Menschen eine unerwartete Begegnung mit künstlerischer Fotografie. Die Bilder der Biennale-Künstler:innen ziehen an den hochfrequentierten Bahnhöfen in den Alltag ein, rütteln auf, machen neugierig, im besten Falle nachdenklich. Es war immer schon ein Anliegen der Biennale, außerhalb der Ausstellungshäuser in die Städte hineinzuwirken, dies gelingt durch diese Zusammenarbeit in außergewöhnlicher Weise“, sagt Sabine Schirra, Vorstandsvorsitzende der Biennale.
Biennale für aktuelle Fotografie 2022
Die dritte Biennale für aktuelle Fotografie findet vom 19. März bis 22. Mai 2022 unter dem Titel „From Where I Stand“ statt. Kuratorin Iris Sikking hat fotografische Positionen von 40 internationalen Fotograf:innen und -kollektiven ausgewählt, die sich zwischen Kunst, Journalismus und Aktivismus bewegen. Die ausgewählten Künstler:innen verbindet, dass sie das aus dem Gleichgewicht geratene Verhältnis zwischen Mensch, Natur und Technik thematisieren und zu den daraus resultierenden weltweiten Krisen explizit Stellung beziehen. Ausgehend von persönlichen Erfahrungen und mit unterschiedlichsten Medien und Materialien regen sie dazu an, über die Frage nachzudenken, wie eine lebenswerte Zukunft aussehen könnte. Die Biennale umfasst sechs Ausstellungen in sechs Häusern in Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg.
Weitere Informationen findest du hier: https://biennalefotografie.de