In der großen Retrospektive „Helmut Newton Legacy“ wird das Leben und das visuelle Vermächtnis des gebürtigen Berliner Fotografen chronologisch nachgezeichnet. Mit etwa 300 Werken, von denen die Hälfte zum ersten Mal gezeigt wird, präsentiert die Helmut Newton Stiftung unbekanntere Aspekte aus Newtons Werk, darunter vor allem seine ungewöhnlichen Modefotos der unterschiedlichen Dekaden, die den sich wandelnden Zeitgeist widerspiegeln.
Seit dem vergangenen Oktober ist die Ausstellung im Museum für Fotografie in Berlin zu sehen. Dabei war die Eröffnung anlässlich des 100. Geburtstags des Fotografen ursprünglich bereits für 2020 geplant, wurde jedoch aufgrund der aktuellen Situation um ein Jahr verschoben. Wohl kein Fotograf wurde häufiger publiziert als Helmut Newton. Heute sind viele seiner ikonischen Bilder Bestandteil unseres kollektiven Bildgedächtnisses. Doch nach einer intensiven Recherche im Stiftungsarchiv kommen nun vergessene, überraschende Fotografien ans Licht. Die Retrospektive versammelt diese Werke zusammen mit Polaroids und Kontaktbögen, die die Entstehung berühmter Motive offenbaren, sowie Sonderveröffentlichen, Archivalien und Zitate des Fotografen.
Retrospektive „Helmut Newton Legacy“: Künstler und Rebell
Das Paris der 1960er-Jahre war stilbildend für Newton, das zeigen etwa die Aufnahmen der damals revolutionären Modeentwürfe von André Courrèges. Er fotografierte nicht nur um Studio, sondern inszenierte seine Modelle in den Straßen von Paris zum Beispiel als vermeintliche Demonstrantinnen oder im Rahmen einer Paparazzi-Story – stets im Auftrag bekannter Modemagazine. Die teilweise engen Rahmenbedingungen und Erwartungen seiner Auftraggeber waren für ihn gleichzeitig ein Anreiz, gegen die traditionellen Darstellungsmodi zu opponieren.
Eine Dekade später hatte Newton hingegen nahezu freie Hand und nutzte die schier unbegrenzten Möglichkeiten beim Shooting vor Ort: Ob per Helikopter am Strand von Hawaii oder in einem Pariser Stundenhotel, wo er Unterwäsche fotografierte und über die Spiegel im Raum stets im eigenen Bild sichtbar blieb. So testete Newton immer wieder gesellschaftlich-moralische Grenzen aus und definierte sie mitunter neu. Er verstörte und verzauberte die Menschen mit seinen Visionen und Visualisierungen von Mode und Weiblichkeit.
In June’s Room wird während der Laufzeit der Retrospektive eine Sonder-Ausstellung zum Werk von June Newton alias Alice Springs gezeigt – im Andenken an die Stiftungspräsidentin, die im April 2021 in Monte Carlo verstarb und inzwischen neben ihrem Mann in Berlin zur letzten Ruhe gebettet wurde.
Helmut Newton Legacy, Museum für Fotografie, Helmut Newton Stiftung, Jebensstraße 2, 10623 Berlin.
Bis 22. Mai 2022, Di. + Mi. und Fr.–So. 11–19 Uhr, Do. 11–20 Uhr. Eintritt:10 Euro, ermäßigt 5 Euro. www.smb.museum