Joana Biarnés gilt als erste Fotojournalistin der Iberischen Halbinsel und ist in Spanien eine Legende. Jetzt ist ihr fotografisches Werk erstmals in Deutschland zu sehen. Ab heute präsentiert f³ – freiraum für fotografie die Ausstellung „Disparando con el corazón – Mit dem Herzen gesehen“.
Joana Biarnés wird 1935 geboren und erobert sich als erste Frau den bis dahin rein männlich dominierten Beruf des Pressefotografen. Bereits früh kommt sie mit der Fotografie in Berührung: Zur Zeit ihrer Kindheit sind sonntägliche Picknicks in Mode, bei denen sich ihr Vater, ein renommierter Sportfotograf, in der Porträt- und Landschaftsfotografie übt. Die Aufnahmen, die dabei entstehen, entwickelt er später im heimischen Labor entwickelt. Er unterstützt und ermutigt seine Tochter im Umgang mit der Kamera, sodass sie sich an erste kleine Reportagen wagt. 1956 schreibt sie sich als Studentin an der neu gegründeten Escuela Official de Periodismo (Schule für Fotojournalismus) in Barcelona ein.
Zur Zeit des Franco-Regimes herrscht ein sehr traditionelles Frauenbild, alternative Lebensentwürfe sind ein Affront und werden mit allen Mitteln bekämpft. Die junge Fotografin muss sich folglich mutig gegen Widerstände und Vorurteile durchsetzen. 1963 findet sie eine Anstellung bei der Tageszeitung Pueblo, wo sie schnell überzeugt: Sie ist modern, frech und ironisch. Mit ihrer Bildsprache und ihrem selbstbewussten Auftreten trifft sie den Nerv eines Landes, das sich nach Jahrzehnten der totalitären Herrschaft langsam nach Europa hin öffnet.
Chronistin einer Epoche
Als Fotojournalistin erobert sich Joana Biarnés die Welt. Das über dreißigjährige Schaffen von Joana Biarnés dokumentiert eine ganze Epoche: das Spanien von der Mitte der 1950er bis in die 1980er Jahre. Sie hält Naturkatastrophen wie die Überschwemmung der Vallés (Riadas del Vallés) im Jahr 1962 ebenso fest wie die wichtigsten Sportereignisse der Nation. Sie richtet ihre Kamera auf das alltägliche Leben der Menschen im Land, fotografiert innovative Modestrecken und verkehrt mit den Stars ihrer Zeit. Einer ihrer größten Triumphe ist eine exklusive Reportage über die Tournee der Beatles durch Spanien im Jahr 1965. Dafür schmuggelt sie sich unter einem Vorwand in das Hotelzimmer der Popstars.
Doch auf den Erfolg folgt die Enttäuschung: Der Fotojournalismus orientiert sich in den 1980er Jahren infolge der Demokratisierung und der zunehmenden Privatisierung der Medienlandschaft immer stärker an kommerziellen Gesichtspunkten. Entwicklungen, die Joana Biarnés nicht mitgehen möchte. Deshalb gibt sie die Fotografie auf und widmet sich ihrer anderen großen Leidenschaft, dem Kochen. Erfolgreich betreibt sie mit ihrem Mann eines der bekanntesten Restaurants auf Ibiza. 2018 stirbt stirbt Joana Biarnés im Alter von 83 Jahren.
Für Jahrzehnte war ihr fotografisches Werk in Vergessenheit geraten, erst vor wenigen Jahren wird es wiederentdeckt. Seitdem sind ihre Arbeiten in zahlreichen Einzelausstellungen in ganz Spanien zu sehen. „Disparando con el corazón“ im freiraum für fotografie macht das einzigartige Schaffen von Joana Biarnés erstmals einem Publikum in Deutschland zugänglich.
Joana Biarnés: Disparando con el corazón – Mit dem Herzen gesehen
Vom 9. März bis zum 1. Mai 2022
Öffnungszeiten: Mi – So, 13 – 19 Uhr
f³ – freiraum für fotografie, Waldemarstraße 17, 10179 Berlin
www.fhochdrei.org