Einen faszinierenden Einblick in die zeitgenössische Fotografie Polens gibt es ab dem 10. September 2022 im Berliner ZAK – Zentrum für Aktuelle Kunst in der Zitadelle Spandau. Dort wird die Gruppenausstellung „Ausnahmezustand. Polnische Fotokunst heute“ gezeigt.
Vorgestellt werden 26 Stellvertreter:innen der jüngeren und der mittleren Generation polnischer Fotokunst. Viele von ihnen sind in Deutschland bisher kaum oder gar nicht bekannt. Zu Unrecht, wie die Besucher:innen feststellen werden. Neben vielen Formen einer ästhetisch und formal frischen Dokumentarfotografie reicht das Spektrum des Gezeigten von der Porträt- und Selbstporträtfotografie über Stillleben und Landschaftsfotografie bis hin zu freien künstlerischen Ansätzen in der Abstraktion. Präsentiert werden die Werke als klassische Tafelbilder, in Projektionen sowie in objekthaften Installationen.
Unter anderem werden Rafal Milachs Fotografien von den Protesten gegen die Ende 2020 verabschiedete Abtreibungsgesetzgebung zu sehen sein, die es Polinnen praktisch unmöglich macht, einen Schwangerschaftsabbruch im eigenen Land vornehmen zu lassen (Straijk), sowie Aneta Grzeszykowskas Annäherung an ihren eigenen Körper, indem sie Teile von ihm aus Schweinehaut nachbildet (Selfie).
Von der interdisziplinär arbeitenden Diana Lelonek wird es Bilder aus ihrem jüngst erschienenen Buch Wasteplants Atlas geben, in der sie pflanzliche Lebensformen auf illegal entsorgtem Wohlstandsmüll untersucht und kategorisiert. Und Pawel Jaszczuk widmet sich in seiner Serie „¥€$U$“ der Kommerzialisierung der Muttergottes und Jesus in seinem katholischen Heimatland.
Tiefer Einblick in polnische Fotoszene
Darüber hinaus wird es einen Leseraum mit zahlreichen Fotobüchern und Katalogen sowohl von Ausstellungsteilnehmer:innen als auch zahlreicher nicht direkt an der Ausstellung Beteiligter geben. Interessierte haben dort die Möglichkeit, noch tiefer in die polnische Fotoszene einzutauchen, die sich anschickt, auch international stärker Fuß zu fassen.
Wie wichtig dieses nach Außen gerichtete Engagement für polnische Fotograf:innen ist, wird in den parallel zur Ausstellung angebotenen Vorträgen und Podiumsgesprächen deutlich werden, in denen es u. a. um die schlechter werdenden Arbeits- und Ausstellungsbedingungen für Kreative in Polen geht.
Kunstfreiheit in Polen bedroht
Viele Fotograf:innen setzen sich in ihrer Arbeit mit den Maßnahmen auseinander, die die nationalkonservativen Regierung zusammen mit dem katholischen Klerus eingeleitet hat. Diese zielen darauf ab, rechtsstaatliche Strukturen zu schwächen und Ressentiments gegen Minderheiten wie nichteuropäische Flüchtlinge und LGBT+-Mitbürger:innen zu schüren.
Ein weiteres Thema für die Künstler:innen ist der wachsende Nationalismus. Dies birgt inzwischen jedoch das Risiko, von Stipendien und anderen staatlichen Unterstützungen ausgeschlossen zu werden. Ebenso bleiben Künstler:innen dadurch mitunter Ausstellungsmöglichkeiten in einer Vielzahl von staatlich subventionierten Museen und Institutionen verwehrt.
Die nun geplante Ausstellung, die die bisher größte Schau polnischer Fotografie in Deutschland sein wird, soll einen Beitrag zur Vertiefung der deutsch-polnischen Nachbarschaftsverhältnisse darstellen. Ein Interesse an dem östlichen Nachbarn Deutschlands und seiner Kultur ist hierzulande in den vergangenen Jahren größer geworden. Hier möchte die Ausstellung einen verbindenden Beitrag leisten.
„Ausnahmezustand.
Polnische Fotokunst heute“
Vom 10. September 2022 bis zum 1. Januar 2023
Öffnungszeiten: Fr. – Mi. 10 – 17 Uhr, Do. 13 – 20 Uhr
ZAK – Zentrum für Aktuelle Kunst, in der Zitadelle Spandau,
Am Juliusturm 64, 13599 Berlin
https://www.zitadelle-berlin.de/ausnahmezustand/