Internationale Fotokünstler:innen arbeiten zu vier Kölner Archiven – die Ausstellungen im Artist Meets Archive Programm 2023 der Internationalen Photoszene Köln stehen fest. Ein Symposium zu dem zweijährigen künstlerischen Forschungsprojekt am Auftaktwochenende des Photoszene-Festivals im Mai bringt Wissenschaft und Kunst zusammen.
Zum dritten Mal seit 2019 zeigt die Internationale Photoszene Köln zusammen mit vier Kölner Institutionen ab dem 12. Mai 2023 Ausstellungen von vier Künstler:innen zum Residenz- und Kooperationsprojekt Artist Meets Archive #3. Das Programm bringt die fotografischen Bestände Kölner Archive und Sammlungen in den Fokus und lädt international agierende Künstler:innen zum Austausch ein. Nach einer rund zweijährigen Arbeits- und Recherchephase im NS-Dokumentationszentrum, am Rautenstrauch-Joest-Museum, am Museum für Ostasiatische Kunst und am Rheinischen Bildarchiv stehen die vier Ausstellungen und Interventionen von Naoya Hatakeyama, Lebohang Kganye, Pablo Lerma und Lilly Lulay jetzt fest.
Die Künstler:innen 2023 verbindet, jeweils ausgehend von dem fotohistorischen Material, mit dem sie in den Archiven gearbeitet haben, die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Spielarten der Sichtbarkeit im Medium Fotografie. Sie reicht von einer weiblichen Perspektive (#femalegaze) auf koloniale Kontexte bis hin zum touristischen Blick (#touristgaze), der sich im kollektiven Bildgedächtnis festschreibt. Sie erkundet, in welchem Verhältnis das künstliche Sehen (#algorithmicgaze) eines Bilderkennungsprogramms zum menschlichen Sehen steht. Und verweist schließlich auch darauf, wie der Blick der Macht (#gazeofpower) dafür sorgt, was in Fotografien und den sie beherbergenden Archiven im Verborgenen bleibt.
Artist Meets Archive Ausstellungen und Symposium 2023: Über die Ausstellungen
NS Dokumentationszentrum
Pablo Lerma: The Opening. An institution, a depot, the boxes
12. Mai – 11. Juni 2023
Pablo Lerma befragt als Künstler und Theoretiker das Archiv des NS-Dokumentationszentrums mit seinen fotografischen Beständen aus der Zeit des Nationalsozialismus nach Aspekten von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit, Repräsentation und Trauma und (unter)sucht die historischen und gegenwärtigen Machtstrukturen, die darin festgelegt sind. Durch ein Reenactment sollen die Bestände der Gedenkstätte aktiviert und das Öffnen, Sichten und Verwahren von Archivalien zum Gegenstand einer Performance werden.
Museum für Ostasiatische Kunst
Naoya Hatakeyama: Yokohama Souvenirs
12. Mai – 17. September 2023
Naoya Hatakeyama verwendet Fotografien von japanischen Sehenswürdigkeiten aus der Meiji-Ära Japans (1868-1912) als Inspiration für seine eigene fotografische Untersuchung dieser Orte. Dabei interessiert ihn der zeitliche Aspekt, der zwischen den damaligen touristischen Ansichten und der heutigen Landschaft liegt. Die spielerische Gegenüberstellung von Archivmaterial und seinen eigenen Aufnahmen öffnet darüber hinaus das Spektrum zwischen der Fotografie als Dokument und der Fotografie als Kunstwerk.
Artist Meets Archive Ausstellungen 2023: Rautenstrauch-Joest-Museum
Lebohang Kganye: Shall you Return Everything, But the Burden
12. Mai – 5. Oktober 2023
Ausgangspunkt von Lebohang Kganyes Arbeit ist ein Konvolut von Abbildungen der deutschen Malerin und Fotografin Marie Pauline Thorbecke. Die Künstlerin unternahm von 1911-1913 gemeinsam mit ihrem Mann Franz Thorbecke im Auftrag der Deutschen Kolonialgesellschaft eine Expedition nach Kamerun. Kganye reist 110 Jahre später auf diesen Spuren erneut durch das Land. Ihre Ausstellung verwebt Erinnerungen, Eindrücke und Erzählungen aus weiblicher Perspektive in einer Videoarbeit und einer Rauminstallation.
Rheinisches Bildarchiv zu Gast in der Handwerkskammer zu Köln
Lilly Lulay: Ghosts@Work
12. Mai – 11. Juni 2023
Lilly Lulay geht in ihrem Projekt der Frage nach, wie Künstliche Intelligenz Bilder betrachtet und was im Vergleich dazu, ihre eigene künstlerische Aufmerksamkeit bei der Bildbetrachtung lenkt. Grundlage dafür ist das Archiv des Kölner (Stereo)Fotografen Karl-Heinz Hatlé, der zwischen 1961-1999 von Europa bis Lateinamerika und Asien viele Teile der Welt bereiste. Dabei bildete er auch die ersten Zeichen einer globalisierten Warenwelt mit seiner Kamera ab. Gemeinsam mit Schüler:innen der Gesamtschule Holweide, reflektiert Lulay dabei unsere heutige Bildkultur, die von Algorithmen und Bilderkennungsprogrammen geprägt ist. Das Projekt wird gefördert durch den Gymnasial- und Stiftungsfonds.
Symposium Research Meets Artist
Ein öffentliches Symposium unter dem Titel Research Meets Artist am 13. Mai 2023 von 10 bis 17 Uhr im Rheinischen Bildarchiv im Historischen Archiv (Eifelwall 5, 50674 Köln) begleitet das Ausstellungsprogramm von Artist Meets Archive #3. Wissenschaftler:innen aus u.a. Kunst-, Bild-, Medienwissenschaften treffen am Eröffnungswochenende des Photoszene-Festivals 2023 auf die Künstler:innen des Residenz- und Kooperationsprojekts.
Das Symposium in englischer Sprache besteht aus wissenschaftlichen Impulsvorträgen und anschließenden Dialogen mit den an Artist Meets Archive #3 beteiligten Künstler:innen. Roland Meyer (Ruhr-Universität Bochum) trifft auf Lilly Lulay, Dr. Friederike Wappler (Ruhr-Universität Bochum) auf Pablo Lerma, Marc Feustel (freier Autor/Kurator, Paris) auf Naoya Hatakeyama und Marissa Petrou (KWI Essen) auf Lebohang Kganye. Das Symposium beginnt mit einem Einführungsvortrag von Dr. Franziska Brons (Universität zu Köln) und wird von Lucia Halder und Miriam Zlobinski (DGPh / Vorstand Sektion Geschichte und Archive) moderiert.
Tickets zur Teilnahme am Symposium kosten 10€ (ermäßigt 5€) und sind ab sofort über www.photoszene.de/research-meets-artist/ erhältlich.
AMA Meets Folkwang Uni
Die Internationale Photoszene kooperiert darüber hinaus im Rahmen des Artist Meets Archive-Programms mit dem Seminar von Steffen Siegel, Professor für Theorie und Geschichte der Fotografie an der Folkwang Universität der Künste in Essen. Die Studierenden, die sich in ihrem Seminar theoretisch mit dem aktuellen Archivdiskurs in der Fototheorie beschäftigen, haben Interviews mit den aktuellen Künstler:innen von Artist Meets Archive geführt und bereiten diese digital für die Website und für L. Fritz, dem Magazin der Internationalen Photoszene, auf.
Die Internationale Photoszene Köln dient der Förderung der künstlerischen Fotografie und steht beispielhaft für den lebendigen Fotostandort Köln. Seit seiner ersten Ausgabe im Jahr 1984, in Fortsetzung der von L. Fritz Gruber organisierten Bilderschauen zur Messe photokina, etablierte sich das partizipative Festival in der Stadt und zeigt heute jedes Jahr zahlreiche Ausstellungen zur Fotografie und verwandten Bildmedien, die bis zu 100.000 Besucher:innen anziehen.
Weitere Informationen zum Programm 2023 unter photoszene.de
Das war die News zu den Artist Meets Archive Ausstellungen und dem Symposium 2023. Weitere Beiträge aus dem Ressort Kultur: